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New England
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Newport, Wickford, Martha’s Vineyard, Juli 2012
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New York links liegen zu lassen auf der Fahrt nach Boston hatten wir vorher schweren Herzens beschlossen, wir waeren nicht rechtzeitig zur Ankunft von Nils vor Ort gewesen. Und nur mal eben kurz auszusteigen und weiterzusegeln, das kann man mit dieser unserer Favoritin nicht machen! Natuerlich lag der Gedanke daran nah, wann immer Wilfried oder ich ihn hatten, schlug der andere ihn nieder. Sind wir vernuenftig und reden nur tagelang darueber, was wir in 2010 dort alles unternommen hatten und lassen es Revue passieren.
Na bitte, geht doch. Inzwischen liegt Rhode Island vor uns. Es ist der kleinste Bundesstaat und hat doch soviel zu bieten, was seine Groesse mehr als wett macht. Allein die Kueste geht ueber 640 km lang. Die vielen geschuetzten Buchten machen das Uebernachten angenehm, lange Sandstraende laden zum Sonnenbaden ein, das Bad im Meer jedoch laest uns meist froesteln. Die dichten Waelder lassen es erahnen, warum der beruehmte Indian Summer eine besondere Jahreszeit hier ist und fast ebenso viele Besucher anzieht wie im Sommer.
Von Atlantic-City kommend nach einer Nachtfahrt freuen wir uns auf Newport, bekannt fuer seine Jazz- und Bluesfestivals live im Weltklasseformat im alten Fort Adams. Der Hafen ist schnuckelig und ruhig, meinte der Kaeptn aus seiner Erinnerung heraus von vor 10 Jahren. Dort koennen wir ausruhen, wir sind so nah an Boston, dass wir uns Zeit lassen koennen zum Sight-Seeing. Juhu, wir haben es geschafft. Wir sind in New England!!!
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So motoren wir erwartungsvoll in die Einfahrt nach Newport und sehen die riesigen Herrschaftshaeuser des uralten Geldadels der Ostkueste. Vanderbilt, Astor, Rockefeller halten hier heute noch Hof in ihren „Sommer-Cottages.“ Einer der reichen New Yorker Magnaten begann einst mit einer Prachtvilla und namhafte Promis zogen nach und uebertrumpften sich gegenseitig. Einige dieser Mansion sind zur Besichtigung freigegeben. Die Menschen stroemen dorthin, um den Glanz der hochherschaftlichen Villen aus der Naehe zu betrachten.
Um uns zu begruessen, so sieht es aus, sind an diesem Wochenende alle Familien zu Hause und haben Verwandte und Freunde eingeladen. Auf allen Rasenflaechen, die diese riesigen Anwesen beherbergen, stehen Pavillons und Zelte und ueberall herrscht geschaeftiges Treiben. So verbringen sie ihre Wochenenden? Mit solchem Aufwand? Boote sind auch viel zu viele unterwegs, wir fahren Slalom. Ungewoehnlich so ein Menge Leute und Boote an einem Ort.
Wir naehern uns dem Hafen von Newport und unser Blick faellt auf Hunderte von Booten auf zahlreichen Mooringfeldern . Der „American’s Cup“ wird ausgetragen an diesem Wochenende! Und darum finden wir auch keinen Platz. Alle Ankerfelder sind mit Moorings ausgelegt, dicht an dicht. Aber wem sie gehoeren, koennen wir nicht herausfinden. Am Funk erreichen wir niemanden. Wir sind muede und die Sonne geht in einer Stunde unter. Kein guter Zeitpunkt, um weiter zu fahren. Wir schnappen uns eine der wenigen leeren Moorings und versuchen weiterhin, den Hafenmeister an die Strippe zu bekommen. Als das gelingt, ist es bereits dunkel. Wir koennen nicht bleiben, die Mooring ist bereits vergeben und alle anderen auch. Die Veranstaltung zaehlt zur Hauptattraktion der Yachtszene - da bleibt niemand zu Hause an einem solchen Wochenende.
Wir kurven umher und entdecken hinter den Mooringfeldern ein Ankerfeld, aber auch dort liegen die Boote bereits so eng am Anker, dass wir uns nirgendwo dazwischenquetschen koennen. Das wird dem Kaeptn nun doch zu bunt, „wir bleiben hier“ bestimmt er rigoros und legt Senta neben der Fahrrinne am Mooringfeld an den Anker. Ob das erlaubt ist? Eine gute Entscheidung. Die Coast-Gard faehrt vorbei, winkt und gruesst, das heisst, wir werden nicht weggejagt. Nun liegen wir tatsaechlich auf einem Logenplatz in der ersten Reihe.
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Waehrend der Big Fish auf unserem Grill an der Reling brutzelt, den wir unterwegs angelten, schluerfen wir unseren Ankommwein und schauen uns die vielen Boote an, die an uns vorbeiflanieren. Im Gegensatz zu den Luxusmotoryachten in Florida zeigt sich hier der Reichtum in augenfaelligen Holzbooten aller Groessen mit entsprechender Besegelung. Modelle, die wir sonst nur aus Zeitschriften kennen. Ein Augenschmaus.
Wassertaxi faehrt herum und kutschiert Leute von Ufer zu Ufer. Wir bleiben an Bord, Newport Waterfront wird zu allen Zeiten frequentiert am Wochenende und platzt aus allen Naehten, an diesem Abend um so mehr. Da haben wir es an Bord gemuetlicher. Belohnt werden wir mueden Krieger wieder einmal mit einem tollen Sonnenuntergang.
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Der Morgenkaffee am Sonntag dehnt sich aus bis zum Abend. Das Rennen findet vor unserer Nase statt, so viele Boote wie moeglich umringen den Tatort. So zahlreich auf kleinem Fleck, wir staunen, wie reibungslos und unaufgeregt es abgeht. Keiner regelt den Verkehr, so klappt es am besten. Die kleinen Motorboote sowie Gummiboote und sogar Kajaks mit 1-bis 2-Mannbesetzung tummeln sich zwischen den grossen Bruedern. Eine tolle Stimmung ueberall. Es ist der Sonntag, an dem Italien die Europameisterschaft verliert, jedoch beim American’s Cup den Siegerpokal einheimst. Die Rennboote sind seit ein paar Jahren Renn-Cats. Um die Ehre und den Pokal ringen in diesem Jahr USA, Korea, Frankreich, Neuseeland und Schweden. Der Pokal hat keinen Boden. Nein, nicht weil das Material nicht reichte – man munkelt, damit diese bodenlose Kanne nicht beim traditionellen Saufgelage sprich Siegesfeier zweckentfremdet wird. Willkommen in New England, willkommen bei den Puritanern.
Wind fuer den Show-Down kommt sonntags erst gegen Mittag auf. Gutes Timing braucht so ein Rennen, kaum ist der Sieger gekuert, die Ufer als Siegesrunde mit Knaller und Getoese noch einmal abgefahren, im Schlepptau die Prozession der segelnden und paddelnden Fangemeinde – oeffnet der Himmel seine Schleusen bei Gewitter und Regen aus pechschwarzen Wolken. Der Rest der Siegesfeier wird also im Fort Adams im Trocknen fortgesetzt.
Wir haben endlich Zeit klar Schiff zu machen. Seit unserem Ankommen gestern klebten wir praktisch im Cockpit und sahen fasziniert dem bunten Treiben zu. Die Begruessung in New England haette nicht schoener sein koennen.
Montag leeren sich die Mooring- und Ankerfelder schlagartig. Wir beschliessen, erst auf dem Rueckweg von Boston in Newport an Land zu gehen. Die Zeit sitzt uns doch etwas im Nacken.
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In Wickford liegt Post fuer uns beim TO-Stuetzpunkt, 10 sm den Fluss hoch finden wir das ueber 400 Jahre alte Dorf. Ein kleiner malerischer Hafen erwartet uns und endgegen unserer Absicht bleiben wir doch 2 Tage. Der Kuehlschrank ist leer und ein Grosseinkauf steht mal wieder an. Wir fragen den netten Hafenmeister nach einer Adresse. „Das ist zu weit zum Laufen. Wartet 10 Minuten, dann bringe ich Euch. Abholen ist auch kein Problem, ruft an und ich komme zurueck.“ Mangels anderer Moeglichkeiten nehmen wir dieses freundliche Angebot dankbar an. Er uebertreibt auch nicht, als er ‚seinen’ Supermarkt als den besten, groessten, frischesten anpreist. Ein kulinarischer Wahnsinn erwartet uns.
Auf dem Weg dorthin spielt er stolz Fremdenfuehrer. Wir sehen ein, nur Post abholen morgen geht nicht. Dieses Dorf muessen wir uns naeher ansehen. Aber nicht heute, der Grosseinkauf will verstaut werden. Hungrig einkaufen tut nicht gut, 240 Dollar lassen wir dort und entsprechend voll sind die Schapps anschliessend. Zum Tagesausklang grillen wir draussen an der Reling Steaks und Kartoffeln mit Sauerrahm und knabbern gruenen Salat. Fuer den Augenschmaus sorgt die Sonne, als sie untergeht. Tiefrot faerbt sich der Himmel, die dichten gruenen Waelder im Hintergrund zeichnen sich schwarz ab wie gemalt und die Moewen und Seevoegel piepsen und schreien sich die Tagesereignisse zu, bevor sie sich endgueltig auf die Aeste und unbemannten Boote zum Schlafen begeben. Die Luft wird merklich kuehler und angenehm. Diese Abende sind unbeschreiblich schoen. Satt und zufrieden liegen wir wenig spaeter in der Koje.
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Der TO-Stuetzpunkt-Vertreter William Macey heisst uns am naechsten Morgen willkommen und uebergibt uns zwei Pakete, die wir dorthin bestellt haben. Seine Frau Susan und er kauften vor ueber 40 Jahren das Haus, in dem sie wohnen. Es ist wie fast der gesamte Dorfkern ueber 400 Jahre alt. Stolz zeigt er es uns und wir erfahren viel ueber den hiesigen Denkmalschutz. Aussen muss die Holzfassade bleiben wie sie ist, innen gibt es wenige Beschraenkungen. Sie haben ihr Haus jedoch im alten Stil mit den urigen Eigenheiten behalten und entsprechend fuer ihren Alltag eingerichtet. Fuer uns Freiluftlebende wirkt es natuerlich alt und duester, aber es ist authentisch. Backsteinkamine, dunkle Holzboeden, schwere Holzmoebel, kleine Fenster und im Esszimmer auf dem soliden Holzbueffet eine Menge uralten Zinngeschirrs, Zinnbestecke und allerlei Zierrat. Wer poliert nur wie oft und wie lange diese Pracht? Sie bewohnen es zu zweit, d.h. mit ihren zwei Hunden. Der Vormittag vergeht im Nu und als wir uns verabschieden, haben wir einen kleinen Geschichtskurs hinter uns. Sehr interessant.
Wickford ist ein gutes Beispiel fuer eines der zahlreichen kleinen verschlafenen alten Orte in USA. Etwas skurril, wunderbar gruen durch die uralten Baeume entlang jeder Strasse. Auf dem Weg vom Hafen ins Dorf spazieren wir bereits mehr ueber Wiesen und Waldwege als ueber Strassen. Fast jedes Haus ist umgeben von Blumen und Baeumen. Und still ist es ...... Wenige Menschen treffen wir unterwegs. Im Dorfkern wird es lebendiger. Wenige kleine „individuelle“ Laeden bieten jeglichen Kitsch an fuer Touristen, die sich doch dorthin verirren. In 10 Minuten ist alles abgegrast. Die Frage nach einem Friseur ist schnell beantwortet. „Es gab mal einen, aber er hat seinen Laden geschlossen.“ So mancher hat wohl seinen Keller ausgemistet, Antiquitaeten oder was eine werden will ueberlagern das Angebot in diesem Dorf.
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Die alte verzierte Tuer zum Buechershop zeigt einen Zettel: „Hunde willkommen, Kinder bitte an die Leine nehmen“. Im Schaufenster desselben steht ein getigertes Sofa mit Hundekoerbchen. Dort waelzt sich ein weisses lebendiges Wollknaeuel mit rosa Schleifchen und klaefft seinen Bruder an, der lieber am bunten Teppich nagt als mit ihm zu spielen. Wohlgemerkt, es ist ein Buchshop und die Besitzerin laesst ihre Lieblinge gewaehren.
Was so skurril anmutet? Das kann man nicht erklaeren, man muss es selber sehen ..... Die Dorfbewohner sind stolz darauf, dass hier vor Ort damals der Hollywood-Film „die Hexen von Eastweak“ gedreht wurde. Einige ihrer alten typischen Hexenhaeuschen und vor allem der alte Friedhof sind darin zu sehen und manch einer durfte als Statist mitwirken. Nun werde ich aber nicht jeden Ort unserer Reise so ausfuehrlich beschreiben ...... welches Dorf schafft es schon, dass du einen ganzen Tag nur mit Grinsen in den Augen und einem Laecheln auf den Lippen herumlaeufst ob der Dinge, die dir begegnen?
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Neuer Tag, neues Ziel auf dem Weg nach Boston. An Martha’s Vineyard kann man nicht vorbeisegeln ohne dieser groessten Ferieninsel von New England einen Besuch abzustatten. Fuer das Auge gibt es eine gute Mischung aus landschaftlicher Schoenheit und elegant gepflegtem Flair in den kleinen Strandorten. Wir legen uns in Edgartown an die Mooring und nutzen das Wassertaxi, um uns an Land bringen zu lassen.
Auch hier gibt es wieder einen Bus, mit dem wir die Insel abgrasen koennen Step by Step. Aussteigen, flanieren und wieder einsteigen und ein Stueck weiterfahren. Das ist sehr praktisch, denn zu Fuss sind die Wege zwischen den Hauptsehenswuerdigkeiten viel zu lang. Heiss ist es jetzt im Juli auch.
Mit dieser Insel zeigt sich Amerikas elegante und touristisch ueberfuellte Schoenheit. Die strahlendweissen Haeuser und auch offiziellen Gebaeude sind perfekt gepflegt und mit bluehenden Blumen und Hecken ummantelt, wie aus dem Bilderbuch. Fuer unser Empfinden wenig echte Atmosphaere. Es heisst, die Taxifahrer verabschieden sich zum Sommeranfang von ihrern Familien, um bis zum Herbst soviel durch Touris verdient zu haben, dass es fuer den Winter zum Leben reicht. Die Tagesausfluegler lassen die Bevoelkerung von normalerweise ca. 14 000 auf 100 000 ansteigen. Au Backe, was werden die Insulaner froh sein, wenn Herbst ist.
Edgartown und Vineyard Haven begannen einst als Fischer- und Walfaengerhaefen. Die alten heute noch meerwaerts schauenden Kapitaenshaeuser sehen wir abends vom Boot aus herrlich beleuchtet. Was die fuer Geschichten erzaehlen koennten ...... denke ich so oft.
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Der Bus bringt uns auch nach Oak Bluffs in die Cottage City. Eine Ansammlung von 300 filigran gebauten „Lebkuchenhaeuschen“, bunt angemalt und reichlich verziert. Einst schlugen hier auf unberuehrtem Gebiet die Methodisten die Zelte auf fuer ihre sommerlichen Erweckungsveranstaltungen. Nach und nach wurde die Gegend immer beliebter. Die Menschen stroemten auf die Insel auf der Suche nach Sonne und Seelenheil. So verwandelte sich die Zeltstadt allmaehlich in eine bunte Stadt aus reich verzierten Landhaeuschen, Pensionen und kleinen Laeden. Seit 1907 heisst dieser Ort Oak Bluffs.
Fuer uns jedoch zeigt sich die Schoenheit von Martha’s Vineyard vor allem in dem harmonischen Ineinanderfliessen von Land und Meer. Unzaehlige Wanderwege und Duenen und dichte gruene Waelder laden zum Spazieren oder Joggen ein. Jegliche Aktivitaet zu Lande und zu Wasser ist hier gegeben und die vielen Straende lassen den Trubel und die Geschaeftigkeit in den Orten vergessen. Es gibt sogar Straende, an denen du fast keinem Menschen begegnest.
Am Sylvia State Beach drehte Steven Spielberg „der weisse Hai“. Das Meer ist jedoch dort am von Duenen und wilden Rosen umgebenden Strand alles andere als gefaehrlich. Leider sehr kalt, die Amerikaner sagen spasseshalber, nur Kinder und Hunde gehen ins Wasser. Uns ist das Wasser auch viel zu kalt. Aber in diesen Wochen in USA merken wir doch deutlich, wie gut es uns tut, dass wir mal keine tropischen Temperaturen haben. Es ist auch sehr heiss, aber weniger Luftfeuchtigkeit und meist ein frischer Wind.
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Nun steigt die Spannung auf Boston doch sehr, je naeher wir kommen. Wir wollen nun schnurstracks dorthin, keine Sirenenstimme soll uns mehr verlocken anzuhalten. Wir verstecken den Reisefuehrer mit weiteren Zielen fuer ein paar Tage und konzentrieren uns auf das Ankommen in dieser legendaeren Weltstadt.
Leinen los gen Boston heisst es endgueltig. Noch zweimal schlafen ........
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