Florida : Miami

21. Maerz 2010



Es wird ein wuerdevolles Eintreffen, wir haben das Schiff in den Sand gesetzt ..... im wahrste Sinne des Wortes.

Spaetabends befahren wir die Fahrrinne zur Marina in Key Biscayne, die ausreichend mit gruenen und roten Tonnen bestueckt ist. Ploetzlich teilt sie sich aber – eine sogenannte Y-Kreuzung – und ausgerechnet hier gibt es keine Leuchtbojen. Wir sind einen Moment unsicher, in welche Richtung wir fahren muessen und als wir dann kurz gruenes Licht bemerken, halten wir das fuer die naechste Tonne und durch diese zoegerlichen Momente stecken wir auch schon wenige Meter neben der Fahrrinne fest. Das gruene Licht faehrt langsam vorbei – es ist ein Segelboot aus der anderen Richtung.

Kein Grund zur Sorge, mit Motorkraft schaffen wir das schon, wieder heraus zu kommen und probieren es eine Weile. Aber nein, nach 2 Stunden glauben wir das nicht mehr. Senta bewegt sich keinen Zentimeter mehr. In solchen Situationen bin ich dann immer sehr still, ich sage nix und frag auch nix, denn das wuerde den Kaept’n vielleicht nervoes machen. Aber die Gedanken spazieren und so denke ich eine Weile, wir koennten im „Sand versinken“. Er wiederum dachte, mir waere klar, dass es keine gefaehrliche Situation sei und sprach es nicht extra aus. Ich gebe zu, ich hatte etwas Angst bis das geklaert war.



Um Mitternacht rufen wir die Coastgard ueber Funk und geben unsere Position durch und dass wir feststecken. Das ist fuer sie keine aufregende Nachricht, das passiert wohl haeufig. Sie meinen, es kann sein, dass wir mit der Flut am naechsten Tag auch von selbst loskommen koennen und sie mit uns auf jeden Fall jetzt in Verbindung bleiben, bis wir frei sind. Halbstuendlich wollen sie uns anfunken, notieren zusaetzlich die Handy-Nr. und wenn wir unsererseits etwas bedenklich finden, sollen wir uns melden. Sie koennten sehr schnell bei uns sein. Sie sind sehr freundlich und bemueht. Ob wir Essen oder Trinken brauchen? Nein, wir haben alles an Bord. Zwar keinen Wein oder Bier mehr, aber das ist ja kein Notfall. Wir fragen auch nicht nach, ob sie dafuer in die kuehle windige Nacht rausfahren wollen? :-))

Wenn wir nicht loskommen, muss uns eine Firma rausziehen. Die Coastgard gibt fuer diesen Fall unsere Tel.-Nr. weiter und das Handy steht nicht mehr still. Mehrere Firmen wollen helfen , teuer, teuer, teuer ....... also abgekuerzt, 475 US-Dollar ist das niedrigste Angebot. Wir lassen das erstmal so stehen ohne Absprache, denn jetzt in der Nacht kommt niemand und morgen frueh sehen wir dann weiter. Vielleicht klappt es ja doch aus eigener Kraft.



Inzwischen ist es fast 2.30 Uhr, ein letztes Gute Nacht an die Coastgard mit der Bitte, bis zum Hellwerden nicht mehr anzurufen, wir versuchen bis 6 Uhr zu schlafen. Es ist sehr beruhigend sie im Hintergrund zu wissen und wir sind sicher, dass sie die Lage richtig einschaetzen koennen.

Der Wecker klingelt um 6 Uhr und gleich will Seatow kommen, um sich den Auftrag zu sichern. Rausziehen geht erst gegen Mittag, wenn die Flut am hoechsten ist. Zwoelf Stunden am selben Fleck im Sand zu stecken mitten im Meer, muede und frierend, scheinen unendlich lang und Senta beugt den Rumpf in gleichmaessigem Rucken mal nach rechts und mal nach links. Bong bong, sie kann ja nicht weg von der Stelle.

Freiwillig wollen wir die Dollars nicht rausruecken und Wilfried versucht es noch mal zwei Stunden lang selbst mit dem Motor in der Hoffnung, fuer die vielen Scheinchen mit mir Lobster essen zu koennen. Vergebliche Muehe. Das Abschleppboot mit dem abwartend grinsenden Seataw-Menschen wartet mit gebuehrendem Abstand. Er ist sich jetzt schon sicher, dass wir ihn rufen werden und das Warten gehoert zu seiner Arbeit.

Inzwischen trifft auch ein Patrol-Boot der Coastgard ein und sie wollen gern helfen, das Geld zu sparen. Sie machen genaue Angaben ueber die eigentlich nur ganz wenigen Meter, die wir neben der Fahrrinne liegen, ob wir uns nicht wenigstens bis dahin schieben koennen? Aber vergeblich! Der Sand gibt unser Boot nicht her und ein Juhuu fuer Seatow Das Warten wird mit 475 USD belohnt, die ganze Aktion mit Anseilen und Herausziehen dauert gerade mal 17 Minuten



Welcome in Miami. Nach einer Stunde liegen wir in Key Biscayne an der Mooring. Michael, der deutsche TO-Stuetzpunktleiter hatte uns diesen Tip gegeben, sein Boot liegt ebenfalls hier und er hat uns diese Crandon-Park-Marina empfohlen. Eine gute Adresse, wir fuehlen uns hier sofort wohl. Mit dem Dingi sind wir in 3 Minuten an Land und einfaches Aussteigen ist moeglich.

Wir schauen auf die Skyline von Miami, die besonders abends beleuchtet ein Blickfang ist und auf der anderen Seite auf Mangroven, die wie meist auf unserer Reise Zuhause sind fuer die zahlreichen Vogelarten wie Cormoran, Pelikan, Moewen, Kraniche, Ibis, Wildgaense usw. Vor allem morgens zum Erwachen und abends zum Schlafengehen ein Hoellenspektakel, Musik in unseren Ohren. Delfine schwimmen um die Boote im Hafenbecken und wenn ein Dingi naht, schnauben sie lauter als sonst, als wenn sie sich bemerkbar machen wollen. Wie in Trinidad haben die Pelikane gar keine Beruehrungsaengste, sie sitzen ueberall auf Booten und Dingis und sind immer fuer einen Schnappschuss gut



Die Bucht ist gut geschuetzt vor Wind und Schwell vom offenen Meer. Allerdings schleichen Haie und Krokodile ums Haus herum bei den Mangroven und so ist die Frage, ob man hier schwimmen kann, schnell geklaert. Obwohl wir erfahren, das Haie eigentlich gar kein Menschenfleisch moegen und nur aus Versehen beissen, beruhigt mich das nicht. Der Kaept’n nimmt allein ein kuehles Bad, ich will darueber noch nachdenken. Verlockend ist es schon und sehr sauber.

Bereits am naechsten Morgen besucht uns Michael vom TO und wir bekommen einige wichtige Informationen, Adressen und Empfehlungen, die uns das Ankommen leichter machen. Als wir von unserem Missgeschick bei der Ankunft erzaehlen, raet er uns zu einer entsprechenden Versicherung. In Amerika gehoert diese zum Standard, weil es zu viele flache Stellen in Kuestennaehe gibt und manches Boot darin stecken bleibt. Fuer einen geringen Jahresbeitrag wird du dann kostenlos heraus gezogen. Ein guter Rat, den wir auch befolgen, da wir vielleicht noch weite Strecken gen Norden davon profitieren koennen.

An seine Anschrift koennen wir uns Pakete liefern lassen. Das Echolot aus England erwarten wir in dieser Zeit und natuerlich lass ich mir die Gelegenheit nicht entgehen, eine Buechersendung bei Amazon in Auftrag zu geben.



Ohne Auto koennen wir kaum unsere ersten wichtigen Einkaeufe machen. Die Marina ist sehr schoen gelegen, aber wieder weit ab von den Einkaufsmoeglichkeiten fuer Ersatzteile und Farbe fuer das Boot, des Kaept’ns neuer Laptop usw. Es sind stets lange Strecken zu fahren und mit dem Taxi wird das teuer.

Michael holt uns im Hafen ab und faehrt uns zur Autovermietung und wir mieten fuer eine Woche einen fahrbaren Untersatz. Die Einkaeufe und Bestellungen sind auf diese Weise schnell erledigt. Die restlichen Tage nutzen wir das Auto fuer die Ziele, die mit dem Bus nicht oder nur schwer zu erreichen sind.

Miami und Umgebung sind hauptsaechlich gepraegt von Exil-Kubanern. Es ist keine Seltenheit, dass Spanisch gefragter ist als die englische Sprache. In vielen Geschaeften und Restaurants wird gar kein Englisch gesprochen oder verstanden – und nicht nur in „little Havanna“.

Nach Fidels Revolution im Jahre 1959 wurde Miami neue Heimat fuer die Reichsten, Intellektuellen und Kuenstler aus Kuba, die enteignet wurden aber ihr Geld noch rechtzeitig retten konnten. Spaeter in den 80iger Jahren kamen durch einen geschickt ausgekluegelten Schachzug Castros bei einer einzigen Amnestie 120.000 neue Kubaner hier an. Auf diese Weise entledigte sich der Staatschef der problematischsten Insulaner, indem er in den Gefaengnissen und Psychatrien Tuere und Tore oeffnete.
Damit wurde das gesunde Gleichgewicht zwischen Amerikanern und Kubanern in Miami empfindlich gestoert, was zu haeufigen Auseinandersetzungen und erhoehter Kriminalitaet gefuehrt hat.



Wir beginnen mit den Everglades. Nein, das ist nicht nur ein riesiger Sumpf voller Alligatoren oder Schauplatz von CSI Miami, sondern ein erstaunliches Oeko-System, eine suptropische Wildnis. Viele bedrohte Arten wie Spitzkrokodile, Grosse Tuemmler, Manatis (Seekuehe), Schmuckreiher, Weisskopfseeadler oder Fischadler suchen hier Schutz. Wir haben Glueck, bis April dauert die trockene und angenehmste Saison des Jahres und man kann viele der Tiere sehen. Spaeter im Jahr verkriechen sie sich vor der heissen Sonne und den vielen Gewitterstuermen. Nur die Muecken sind Dauerbrenner, aber im Moment noch gut zu ertragen.

Alligatoren sehen wir ueberall am Wasser herumliegen. Krokodile brauchen Salzwasser und daher kaum zu finden. Die maechtigen Tiere floessen ziemlichen Respekt ein und wir halten gebuehrenden Abstand, obwohl wir darueber aufgeklaert werden, dass sie gar nicht kauen koennen und die Beute am Stueck nur verschlingen. Bei Menschen gelingt ihnen das nicht und wir sind eigentlich sicher. Ob das mal so stimmt? Wir haben wenig Lust zu einem Test.



Der Everglades Nationalpark wurde bereits 1947 gegruendet. Nicht wegen seiner Schoenheit, sondern weil man bereits damals seine oekologische Bedeutung erkannte. Ein unueberschaubar riesiges Gebiet wird betreut und verwaltet und man muss es gesehen haben. Unendliche Weite tut sich auf und du siehst nie bis an ein Ende.

Wir sind so beeindruckt, dass wir direkt am naechsten Tag noch einmal hinfahren. Immer wieder siehst du etwas Neues und die Landschaft veraendert sich stetig je nach Richtung. Mitten in der Sumpflandschaft ordnen sich Inseln von Mangroven, Zypressen, Bambus und Hartholzstaeuchern an . Entlang der Strecken gibt es ab und zu grosse Wiesenflaechen mit Tischen und Baenken und jeweils einen Grill zu der Sitzgruppe und das direkt am Meer. Aber so geschickt integriert und einladend fuer Ausfluegler, dass es die Ruhe im Nationalpark nicht beeintraechtigt



Ab und an locken ein paar Rundfahrboote. Sehr touristisch gemacht und die beste Art, gar nichts zu sehen, denn bei dem Motorenlaerm und der Menschenmenge, die da lautstark durch ihr Revier transportiert wird , retten sich die meisten Tiere („sonst sind sie immer da, wie schade“, sagt der Fahrer) so schnell sie koennen! Eigentlich klar, aber auch wir fielen darauf rein.

Die Everglades waren und sind heute noch fuer uns das High-Light von Miami und wenn wir nicht das Auto haetten, koennten wir ein paar Tage davon zehren und am Boot bleiben.

Nun fahren wir noch nach Naples, Fort Meyers, Fort Lauderdale, die auf uns allesamt sehr sauber, aufgeraeumt, mit einem Wort wie deutsche Kurstaedte wirken, reine Touristenatmosphaere mit langen Flaniermeilen voller Souvenirshops und Restaurants. Nicht gerade das, was wir suchen. Die Fahrten dorthin gefallen uns besser als die Ziele und unterwegs gibt es viel zu gucken.



So ausgefuellt geht die Woche schnell vorbei und am Wochenende sind wir froh darueber. Die US-Open-Tennisturniere beginnen und taeglich quaelen sich ca. 70.000 fahrbare Untersaetze zum nahe dem Hafen gelegenen Tenniscourt. Da wollen wir nicht im Stau stehen.

Wilfried kann endich seinen neuen Laptop einrichten und kennenlernen. Wir haben viel nachzuholen an Berichten fuer unsere Website und das nehmen wir gezielt in Angriff. Das benoetigt mehr Zeit, als Ihr zum Lesen braucht und das alte Programm von Data Becker passte nicht zu Windows 7. Also ein neues bestellen und erforschen. Gar nicht so einfach und es kostet viel Zeit und Nerven.

Als die ersten Kuba-Berichte dann ins Netz sollten, schaffte unser instabiles Internet an der Mooring diese Menge an Daten nicht, also ab ins Cafe. Mehrere Fahrten mit dem Bus und bis das klappte, waren wir an drei Tagen dort und bei den netten Kubanern gehoeren wir inzwischen zur Familie. Am letzten Eingabetag, als endlich alless klappte, braucht der Laptop doch tatsaechlich 7 Stunden. Wir sitzen die ganze Zeit auf harten Holzbaenken, trinken reichlich Kaffee und essen viele Broetchen, um unsere Dankbarkeit zu zeigen, dass wir so lange das kostenlose Internet benutzen duerfen.

Inzwischen haben wir alles aufgeholt, der Zaehler zeigt, dass unsere Leser das gemerkt haben und die besorgten Anfragen, was denn mit uns los ist, lassen nach. Wir vermuten, dass es weiterhin schwieriger wird im Laufe der Reise unsere Berichte zeitgleich ins Netz zu bekommen und ueberlegen auch, ob wir stattdessen – vielleicht zeitweise - einen Blog einrichten und ueber die Funke senden. Aber Fotos gibt es dann keine und solange es geht, bleiben wir bei unserer Art der Berichterstattung.



Ploetzlich ist schon Mai und es kommen Fragen aus der Heimat " was macht Ihr eigentlich den ganzen Tag?" Die Wochen vergehen immer so schnell, wir wissen selbst nicht, wo die Zeit geblieben ist. Neben den technischen Schikanen, die zu bewaeltigen sind, bekommt Senta einen neuen Anstrich, wir brauchen viel Zeit fuer Erledigungen und Einkaeufe mit dem Bus, fahren immer mal wieder in die Everglades und ansonsten ....

tun wir das, was alle „Rentner“ machen, nichts und der Tag ist trotzdem herum :-))



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