Salvador de Bahia – ist das afro-brasilianische Juwel des Landes und das Stadtzentrum mit seinen prächtigen Farben ist nicht nur ein lebendes Museum für goldbeschlagene Kirchen und zahlreiche Häuser im Kolonialstil, sie ist auch das Zentrum einer weltberühmten Künstlerszene.
Die Bucht und die schöne tropische Küste schließen direkt an die vielen Sehenswürdigkeiten an und mit der Fähre kannst du noch einige kleine Inseln besuchen.
Amerigo Vespucci entdeckte der Legende zufolge die Bucht an Allerheiligen im Jahre 1501 und nannte sie daher Baia de Todos os Santos, die Allerheiligenbucht. Spötter machten später den Spitznamen Baia os Santos e de Quase Todos os Pecados daraus, das bedeutet „ Bucht aller Heiligen und nahezu aller Sünden“.
Rauschende Volksfeste sind an der Tagesordnung und die kräftigen Rhythmen der Trommler gehören zum Straßenbild. Es gibt wohl weltweit keinen anderen Ort, an dem die Nachfahren afrikanischer Sklaven ihr Erbe so gut bewahrt haben wie in Salvador. Das beginnt hier bei Musik und Religion bis hin zu Essen, Tanz und Kampfkunsttraditionen.
Diese Atmosphäre spüren wir sofort, als wir in unserer Pousada (Pension) ankommen. Als wir am Flughafen ins Taxi stiegen und die Adresse angaben, hatten wir keine Ahnung, wo das ist. Es war eine von vielen in unserem Reiseführer und vom Flughafen riefen wir dort an und reservierten. Wir hatten Glück und es war noch ein Zimmer frei und wir sehen, das Haus liegt mitten im historischen Künstlerviertel und das Ambiente entsprechend. Wir sind ersteinmal sprachlos, damit haben wir nicht gerechnet
So wohnen wir in der Cidade Alta (der Oberstadt) , im Künstlerviertel, das getrennt ist von der Cidade Baixa (der Unterstadt). Eine Seilbahn fährt dich hinunter und wieder hoch. Und es gibt noch einen Aufzug zwischen den beiden Stadtteilen, den Elevator.
Im unteren Teil der Stadt befindet sich das Geschäfts-und Finanzzentrum und der Hafen. Als Segler schauen wir uns natürlich um und es gefällt uns sehr gut hier.
Direkt gegenüber beeindruckt der riesige „Mercado Modelo“. In früheren Zeiten befand sich hier das Zollamt (1861). Die Sklaven wurden mit Schiffen hierher gebracht und in den dunklen feuchten Kellern dieses „Umschlagplatzes“ mußten sie warten, bis sie auf dem Pelourinho versteigert wurden.
Ein wenig Geschichtliches möcht ich an dieser Stelle noch anbringen, denn ohne diese Vergangenheit ist die Gegenwart dieser Regionen kaum nachzuvollziehen. Die portugiesischen Kolonialisten merkten rasch, daß das Land, das die Allerheiligenbucht umgibt, sehr fruchtbar war und um es wirtschaftlich zu nutzen bauten sie Zuckerrohr und später Tabak an. Sie zwangen anfangs Einheimische als Sklaven auf den Feldern zu arbeiten. Es stellte sich schnell heraus, daß das nicht ausreichte und man schaffte afrikanische Sklaven in schwindelerregenden Mengen hierher. Zwischen 1550 und 1850 wurden mindestens 3,6 Millionen Sklaven von Afrika nach Brasilien geschafft.
Nur weil sie so zahlreich waren gelang es den Sklaven, viel von ihrer afrikanischen Kultur zu bewahren. Gleichzeitig beeinflußte dies auch eine sich neu entwickelnde brasilianische Kultur. Diese Mischung repräsentiert heute einzigartig Salvador de Bahia und zieht auch uns in den Bann.
Die Vorstellungen, die ich aus Büchern zu diesem Thema hatte oder aus Filmen, bringen sich wieder in Erinnerung und vermischen sich mit der Wirklichkeit. Die Gedanken gehen von ganz allein spazieren und wir können sie auch abends gar nicht abschalten. Wir sind tief beeindruckt von hiesigen Lebensart. Der lockere und unkomplizierte Umgang aller Rassen und Farben fällt uns immer wieder auf.
Doch nun zurück zum Ausgangspunkt, dem Mercado Modelo.
Nachdem ein Feuer später das Gebäude zerstörte, baute man es neu auf und heute ist der Mercado Modelo ein riesiger Künstlermarkt. Auf 2 Etagen mischen sich kostbare Kunsthandwerke mit so manchem Kitsch und es gibt keinen Touristen, der hier nicht fündig würde je nach seinem Geschmack.Ich kann mich schwerlich losreißen von dieser Vielfalt an buntem Angebot und dem bunten Treiben ringsherum. Dem Käpt´n fällt dies naturgemäß leichter.
Draußen gibt es eine Bühne, auf der Capoeiraaufführungen dazu verlocken sollen, etwas zu spenden. Junge Tänzer aus Schulen üben hier. Die Agenten jedoch, die Geld sammeln und nur einen geringsten Teil abgeben an sie, sind sehr aufdringlich. Sobald du nur einen Blick riskierst belagern sie dich und Du mußt rigoros weitergehen, sonst wirst du sie nicht los. Die Tänzer sind nur vorgeschoben, es geht hier um eine sehr agressive Art des Bettelns. Die jungen Leute tanzen oftmals viele Stunden für ein paar Reals.
Auf dem Vorplatz des Gebäudes gibt es auch noch zahlreiche Stände und Buden mit allerlei Kunsthandwerken. Wer eine afro-brasilianische Frisur haben möchte, findet hier reichlich Anbieter. Auf dem nächsten Foto sieht man, daß auch ich nicht widerstehen konnte. Es ist für die Tropen eine praktische Frisur, nur waschen und an der Luft trocknen. Keine strähnigen Haare mehr wegen der Hitze. Ich fühl mich sehr wohl damit und Wilfrieds Wunsch nach auch so einer Frisur rief viel Gekichere hervor unter den Damen. Klar, war das nicht ernst gemeint..... er trägt seine graue Haarpracht weiterhin mit Würde :-) und glatt.
Heute war ein Marienfeiertag als wir wieder einmal hier waren. Eine Gruppe von Menschen, die sich der Sekte „die Freunde Gandhis“ angeschlossen hatten, trugen die blumengeschmückte Marienfigur in einer Prozession mit Gesang, Trommelmusik und Feuerwerk durch die Straßen und zogen auch durch den Mercado. Sie schoben dort 2 Bänke zusammen, stellten die Statue darauf und sprachen mit den Leuten und benetzten sie .... mit Kölnisch Wasser .... und warfen Konfetti und Blütenblätter. Auf den Fotos könnt ihr sie gut erkennen. Die Freunde Gandhis sind stets weiß gekleidet, für sie die Farbe der Reinheit und der Freude. Diese Freude wollen sie verbreiten und versuchen auch nicht, den Rest der Menschheit zu bekehren und diese Freude wirkt ansteckend. Glaubensmäßig herrscht eine große Toleranz im Land. Es gibt allerdings ungewöhnlich viele Sekten außer den großen traditionellen Religionen.
Den größten Teil unserer Zeit tummelten wir uns in der Cidade Alta.
Treten wir morgens von unserer Pousada aus vor die Tür, sind wir sofort inmitten des Geschehens. Das Herzstück von Bahia, wie die Einheimischen ihr Salvador de Bahia nennen, ist dieses historische Künstlerviertel mit seinem Largo de Pelourinho. Dies ist ein großer abschüssiger Platz, auf dem in der Sklavenzeit der „Pelourinho“ , der Pfosten zur Auspeitschung, stand und die Sklaven versteigert wurden.
Ausgehend von diesem Platz führen zahlreiche kleine Gassen über holperiges Kopfsteinpflaster durch das Zentrum der Kultur. Völlig heruntergekommene verwahrloste Häuser beherbergen so manches Kunstgewerbe und wechseln sich ab mit den Häusern im Kolonialstil des 17. und 18. Jahrhundert, von denen einige hervorstechen mit schönen neuen Pastellfarben und instand gesetzt. Auch hier hat die UNESCO wieder einmal eine Weltkulturerbestätte ernannt und so wurde es möglich, daß seit 1993 einige Restaurierungsarbeiten begonnen haben, die aber sehr langsam vonstatten gehen. Die Einheimischen begrüßen diese Finanzierungshilfe auch nicht wirklich, sie meinen daß der Pelourinho dadurch an Charme verliert.
Viele der Häuser beherbergen Tanz-, Musik- und Capoeiraschulen. Und überall ragen die Türme zahlreicher alter Kirchen heraus, die teilweise auch verfallen.
Jetzt hab ich schon mehrmals Capoeira erwähnt, nun möcht ich noch erklären, was das ist. Du stößt hier immer wieder darauf. Capoeira wurde ursprünglich von Sklaven aus einem Ritualtanz als Mittel (Kampfkunst) entwickelt, um sich gegen die Herren wehren zu können und wurde natürlich in den Sklavenunterkünften verboten. So mußte diese Kunst heimlich trainiert werden und es gelang den Menschen, sie in einen akrobatischen Tanz umzuwandeln. Es ist jedoch das Herzblut, das sich darin ausdrückt und eine Verständigung untereinander auf tiefster Ebene. Die Elemente des Tanzes und der Bewegungen und die Rhythmen vermitteln das in einzigartiger Weise.
Heute verbindet die Capoeira Formen von Kampf, Spiel und Tanz und es gibt unterschiedliche Richtungen des Ausdrucks. Vielleicht haben wir später einmal die Möglichkeit, eine Aufführung zu besuchen.
Wir schlendern täglich durch die Gäßchen und nehmen noch immer wieder neue Eindrücke mit.
So wundert es uns auch gar nicht, daß dieses schöne alte Viertel als Kulisse dient für so manchen Film. Hautnah erleben wir dies, denn ein paar Schritte heraus aus der Pension wird fleißig gedreht. Das alltägliche Leben geht ringsherum derweil weiter und nur in den paar Drehsekunden heißt es „Silencio“ und niemand läuft dann weiter. Uralte Vehikels von Autos stehen dort herum und man sieht an den Kleidern der Schauspieler und dem Steyling, es muß ein Film sein aus den 50iger Jahren. Vorwiegend bewegt man sich allerdings mit 2 PS, nämlich auf 2 Pferden. Es ist interessant zuzusehen und wir müssen uns gegenseitig schubsen, damit wir den Tag nicht bei den Dreharbeiten verbringen.
Zwei der größten Städte Brasiliens haben wir nun besucht. Ein Vergleich verbietet sich von selbst. Jede für sich bietet soviel Eindruckvolles.
Wir merken jedoch, daß Salvador de Bahia uns mit dem ihr eigenen Charme so in den Bann gezogen hat, daß wir uns spontan entschlossen haben, mit dem Schiff zurückzukommen. Dann haben wir mehr Zeit, auch die umliegenden Orte und Inseln noch zu besuchen und die bereits gewonnen Eindrücke können wir vertiefen.
Hier könnt Ihr sehen, wo wir demnächst im Hafen liegen: