10.Februar 2010
Da sind wir nun in Kubas Vorzeigemarina. So schoen ist sie, wir haben gar kein Foto von ihr gemacht. Wie ueberall nur der laengst verblichene Charme der Vierziger Jahre. Die Zeit und viele Hurricans haben deutliche Spuren hinterlassen und das Boot an den Strom anzuschliessen ist abenteuerlich.
Angelegt wie ein langer Schlauch ist der endlos lange betonierte Steg und die Boote liegen alle hintereinander. Willst du mit anderen Seglern ein Schwaetzchen halten und sie liegen am Ende der Reihe, bist du lange unterwegs. Ein paar Palmen auf der Wiese machen das trostlose Umfeld etwas freundlicher und lenken von den tiefen Loechern im Asphalt des Weges ab.
Es gibt auch ein Chinarestaurant mit wirklich fadem geschmacklosen Essen und ein winziger Laden verkauft ein paar wenige Lebensmittel.
Das Hafengelaende ist noch mehr bewacht, als alles was wir bisher erlebt haben. Einmal die Einfahrt ins Gebiet ueberhaupt und dann laengs des Stegs alle paar Meter ein Wachhaeuschen und 24 Stunden uniformiertes Personal im Ueberfluss.
Kubaner duerfen die Schiffe nicht betreten. Wenn du jemanden fuer eine Arbeit anheuern moechtest, geht das nur ueber die Hafenbehoerde und bedarf endlosen Papierkrams, was nicht immer mit Erfolg gekroent wird. Da haben wir wieder den Gedanken, es darf dir wirklich nichts kaputt gehen in Kuba, dann hast du ein Riesenproblem. Das Hafengelaende ist fuer die Einheimischen tabu. Ein Grund ist die Naehe von 120 sm nach Key West in Florida , hier scheint die Gefahr der Flucht am groessten. Uniformierte laufen rund um die Uhr am Steg hin und her und da die Boote laengsseits liegen, fuehlst du dich nie richtig wohl, wenn du draussen sitzt und die Abendruhe geniessen moechtest.
Anders als in Cienfuegos sind die Beamten sehr unpersoenlich und abweisend, aber korrekt. Wenn man dem Ganzen etwas Gutes abgewinnen kann, dann dass dein Schiff absolut sicher im Hafen liegt.
Von dieser bedrueckenden Atmosphaere lassen wir uns die Freude in Havanna zu sein aber nicht trueben. Wie immer sagen wir uns, dass wir die Gaeste im Land sind und es muss uns nicht behagen, was sie tun. Aber im speziellen Fall Kuba fuehlen wir uns nicht so frei, wie uns dieses Seglerleben eigentlich macht.
Auch die Aufforderung zum Oeffnen und Zeigen unserer Rucksaecke – was uns in Cienfuegos sehr befremdete - beim Verlassen des Hafengelaendes traegt nicht zu einem entspannten Leben bei. Wir koennten ja Dinge aus dem kapitalistischem Feindesland in die konsumfreie Zone einschleusen .... und Sehnsuechte wecken im Volk? Nun haben wir nichts zu verbergen, aber selbst mit gutem Gewissen sind derartige Situationen einfach absurd und hinterlassen ein ungutes Gefuehl.
Da die Marina Hemingway weit weg vom Stadtkern liegt, f'aehrt jede Stunde der Touristenbus. Mit ihm faehrt man zum „Plaza de Revolucion“ und abends um 18.00 Uhr geht die letzte Fuhre zurueck in den Hafen. Hier am Platz ist der Ausgangspunkt fuer alle Unternehmungen und wenn du willst, nimmt dich der offene Doppeldecker- Stadtbus in Empfang. Gegen Zahlung von 5 CUK kannst du innerhalb des Tages an jeder Station ein- und aussteigen und auf diese Weise Havanna ansehen und alle Ecken erkunden.
Beim ersten Havannabesuch haben wir dieses Angebot wahrgenommen fuer einen ersten Ueberblick. Spaeter wollten wir die Stadt uns groesstenteils erlaufen, so siehst du viel mehr. Eine weitere Moeglichkeit ist das „gelbe Ei“ oder einer der alten Ami-Schlitten als Taxi. Uns gef'aellt es mit dem gelben Flitzer transportiert zu werden. Sehr luftig und guter Rundumblick. Fuer das Foto setzte sich der Kaept'n selbst ans Steuer, dann uebernimmt der Fahrer:
Havanna – eine Stadt mit vielen Gesichtern. Prachtvolle Bauten aus der Bluetezeit fuer den Tourismus aufgemotzt lenken kaum ab davon, dass sie eigentlich eine riesige Bauruine ist, von der Substanz und vom baulichen Aspekt her. Fidel hat nach der Revolution erstmal in die Gebiete auf dem Land investiert in der Hoffnung, dass viele Staedter umsiedeln und die Stadt entlastet wird. Mietskasernen entstanden ausserhalb, die heute noch sehr haesslich anzusehen sind. Und spaeter war kein Geld mehr da fuer Wartung oder Instandsetzungsarbeiten, die in jeder Stadt anfallen.
Welch ein Glueck fuer die Altstadt , geplant war von Castro der generelle Abriss und die Umsiedlung der Menschen aufs Land. Aber selbst dafuer reichten die Mittel dann nicht mehr aus. Nun warten zahlreiche Exilkubaner in Miami darauf, ihr Geld fuer die Sanierung der Altstadt ausgeben zu koennen.
Aber Kubaner lieben ihre Hauptstadt und nirgendwo sonst erhoffen sie mehr an Devisen bzw. CUK`s zu kommen als hier, wo der Tourismus den groessten Anteil am Kuchen verspricht. Dafuer verlassen Tausende ihre Heimatorte, in denen sie gemeldet sind und ihre Libreta (Bezugsscheine) bekommen und auch an ihre kostenlose Krankenversorgung angeschlossen sind. Die Libreta gilt
nur am Wohnort und offiziellen Antraegen auf Umzug wird meist nicht entsprochen. Die Wohnungsnot ist zu gross und ausserdem sind Kubaner in einer grossen Stadt nicht so gut zu kontrollieren wie auf dem Land. Dennoch sind der Frust ueber die karge Versorgungslage und der Mut groesser und sie gehen nach Havanna, wo sie in der Illegalitaet leben und tauschen und arbeiten.
Wir lassen uns viel Zeit fuer Havanna und wenn wir morgens in den Bus steigen, haben wir kein genaues Ziel. Jeden Tag erobern wir uns ein Stueck mehr davon und immer wieder werden wir mit den unterschiedlichsten Eindruecken konfrontiert. Unbesorgt kannst du ueberall hingehen und dich umsehen, nur in den schlimmsten Vierteln haben wir nicht fotografiert. Denken wir oftmals, hier koennen doch keine Menschen mehr leben ohne Fenster, mit Holzlatten verkleidete Eingaenge und halbe Treppen oder Balkone .... die zum Trocknen aufgehaengte Waesche, spielende Kinder und kubanische Klaenge aus den Radios belehren uns eines Besseren.
Havanna galt einst als modernste Hauptstadt Lateinamerikas. Bereits 1893 wurde ein Wasserversorgungsnetz erfolgreich angelegt und Strassenbeleuchtung schon 1791 eingefuehrt. Und heute – Wasser wird taeglich stundenweise abgestellt und Strom ebenfalls. Das erklaert auch, wozu die vielen Tonnen dienen, die auf den Balkonen zu sehen sind und in der Hitze des langen schwuelwarmen Sommers ist eine Kuehlung durch Ventilatoren nur stundenweise moeglich.
In unmittelbarer Naehe – krasser geht es kaum – die edelsten Hotels aus der guten alten Zeit. Fuer diesen Glanz, der damit auf Kuba faellt, hat der Chef der Revolution sogar auslaendischen Investoren gestattet, sie zu besitzen. Es gefaellt uns, dass in jedem der Prachtbauten auch Besucher willkommen sind und einer Besichtigung nichts im Wege steht.
Das Sevilla war z.B. das Hauptquartier von Al Capone und seinen Mafiosi. Alte Fotos an den Waenden erzaehlen davon und Objekte aus der Kunstwelt dekorieren ausdrucksstark so manchen Gang oder die Hallen. Wir fuehlen uns sehr wohl, wenn wir in diesen eleganten Lobbys tief in den weichen Polstern versinken und einen Kaffee oder Mojito schluerfen und „Leute gucken“. Es faellt dann richtig schwer wieder aufzustehen. Als Seefahrer sind wir diesen Luxus nicht mehr gewohnt. Ob Ihr Leser zu Hause auf Eurem gemuetlichen Sofa das nachvollziehen koennt?
Das Capitolio ist dem Gebaeude des Kapitol in Amerika nachgebaut und jeden Besucher zieht es wohl zur Besichtigung an. Auch der Blick von oben hinunter lohnt sich, der Vorplatz mit den blitzeblanken Amischlitten und die vielen Pferdedroschken zeigt pulsierende Lebendigkeit und von hier aus verlauft sich die touristische Menge in die vielen seitlichen Strassen. In seiner Funktion als Regierungssitz laengst abgeloest wirken noch Marmor und Ausstattung nach. Dem Kaept`n fallen die roten Spritzer an den Waenden im gesamten Haus auf und wir ueberlegen, welche Meucheleien dies verursacht haben koennten. Die Aufpasserin beruhigt uns, die vermeintlichen Blutflecken sind die Hinterlassenschaft der vielen Fledermaeuse, die nachts in den Gemauern ihr Unwesen treiben!
Die Bibliothek ist noch gut gefuellt, der Raum darf aber nicht betreten werden. Wie gern haette ich mir die Titel der Werke besehen und einen Blick hineingeworfen.
Nun wollen wir Euch nicht weiter langweilen mit der Aufzaehlung aller anderen nennenswerten Museen oder geschichtstraechtigen Gebauede. Dafuer gibt es in der Fotogalerie reichlich festgehaltene Augenblicke.
Das Revolutionsgebaude ist vielleicht noch zu erwaehnen.. Etwas veraltet und viele Schriften bereits verblichen durch Sonneneinstrahlung kann sich ein etwas mit der Geschichte vertrauter Besucher geradewegs durch einen chronologisch umfangreichen und sehr bildhaften Abriss von Kubas Historie bewegen. Durch den Innenhof des Gebaudes fuehrt der Weg zu Fidels „Grandma“, nein, es ist nicht die Oma sondern sein Boot, das ihn 1959 mit 80 Kameraden von Mexiko nach Kuba brachte und mit ihnen die Revolution und die Befreiung vom korrupten und kapitalistischen Regime der Batista-Aera.
Inzwischen sind Christine und Franz in Playas del Este eingetroffen und wir freuen uns auf das Treffen mit ihnen. Del Este wird als „Badewanne“ beschrieben und ihr Hotel liegt am feinsten endlosen Sandstrand, nur leider ist gar kein Badewetter. Wir laufen mit warmen Jacken herum, nur wenn die Sonne es durch die Wolken schafft, ist es warm. Damit wir die Zeit mit ihnen nicht von den Busfahrzeiten abhaengig machen muessen, bleiben wir dort ueber Nacht. Nun erleben wir auch den touristischen Teil Kubas hautnah. Es gibt in den Hotels einfach alles, du stehst am Bueffet und wunderst dich, wo das ploetzlich alles herkommt und wie reichhaltig das Angebot.
Kubaner duerfen in den Hotelanlagen arbeiten, aber keinen Urlaub machen oder die Straende benutzen. Sie reissen sich um diese Jobs, haben sie doch Moeglichkeit durch Trinkgeld an CUK`s zu kommen oder es bietet sich Gelegenheit zu Tausch- und Vermittlungsgeschaeften. Sie werden auch im Hotel verpflegt zusaetzlich zu ihrem Peso-Gehalt und somit haben sie es leichter als die meisten ihrer Landsleute. Wir fragen uns oft, wie sie diese verschwenderische Fuelle fuer die Touristen wohl empfinden und im Gegensatz dazu ihr eigenes Leben.
Mit Christine und Franz hatten wir eine schoene Zeit und viele Mojitos, aber der Besuch bedeutete auch frischen Assam-Malty-Tee und neue Buecher aus der Heimat. Danke noch einmal an dieser Stelle dafuer und auch dass Ihr klaglos die ganze Last 2 Wochen durch Kuba getragen habt :-)))) Laengst hat die Heimat Euch wieder aber vielleicht merkt Ihr mein morgendliches Laecheln, wenn ich den leckeren Tee aufgiesse und mich darauf freue.
Nun ist Hemingwaytag, einer der Wege fuehrt uns in Havanna am Hotel Ambos Mundos vorbei und zieht es zieht uns hinein. Vom gemuetlichen Sofa aus lassen wir unsere Blicke schweifen auf die Fotogalerie an den Waenden, die ausnahmslos Hemingway mit seinen Frauen und Freunden zeigen und trinken einen Mojito auf sein Wohl.
In diesem Hotel naechtigte der grosse amerikanische Schreiber Ernest Hemingway, wenn er von seiner Finca in San Francisco de Paula in die Stadt kam und das Zimmer 511 war nur fuer ihn reserviert. Oft war hier der Ausgangspunkt fuer seine Zechgelage quer durch die Altstadt. So schrieb er den groessten Teil seines Romans „wem die Stunde schlaegt“ in diesem Zimmer, in dem wir nun heute stehen und in eine laengst vergangene Zeit versetzt werden. 511 wird nicht mehr vermietet, es bleibt ein winziges Museum zu seinem Gedenken. 22 Jahre lebte und arbeitete Hemingway auf Kuba und die Menschen verehren und lieben ihn heute noch. Einst fuehlte er sich auf der Insel so heimisch wie die Kubaner selbst, ein Jahr nach der Revolution 1959 wurde sein Visum nicht mehr verlaengert und er musste ausreisen. So erzaehlt uns das die Empfangsdame bei der kleinen Umschau in seinem Zimmer, nachdem der hoelzerne uralte Fahrstuhl uns hinaufbefoerderte. Neugierig geniessen wir die Zeitreise in die Vergangenheit und sein Leben und beim Anblick seiner kleinen „modernen“ Reiseschreibmaschine mussten wir lachen. Das war noch richtig Arbeit das Schreiben. Was Papa Hemingsway wohl zu unseren Laptops sagen wuerde?
Vom 5. Stockwerk aus geht es noch eine Etage hoeher auf die Dachterrasse, die natuerlich zu seinem Lieblingsplaetzen gehoerte von wegen „Inspiration und Aussicht“, und heute als Restaurant leckeres Essen anbietet, waehrend man auf den Spuren des grossen Schreibers wandelt. Wir lassen es uns schmecken und geniessen das wirklich gute Essen und den Rundumblick auf Havanna und diesmal waehlen wir das hauseigene „Ambos-Mundos-Special-Getraenk“, um noch einmal auf den Dichter anzustossen. Ob der es war oder das gute Essen, wir sind jedenfalls auf einmal sehr muede und weil wir noch gar nicht loslassen wollen von diesem Bohemien-Ambiente kam uns die Idee, nehmen wir doch fuer eine Nacht ein Zimmer hier :-)) heute ist Freitag und abends d i e Gelegenheit, uns ins Nachtleben von Havanna zu stuerzen. Erst nur aus Spass so gesagt, aber dann finden wir das beide gut.
Leider ist kein Zimmer frei oder unser Rucksack als Gepaeck nicht standesgemaess, jedenfalls nehmen sie uns nicht auf. Ein anderes Hotel sollte es aber nicht sein, na gut – kein Nachtleben, wir fahren brav nach Hause aufs Boot und haben sicher viel Geld gespart.
Noch angeregt vom Tag beschliessen wir fuer den morgigen Tag eine Tour zu Hemmingways Landsitz und anschliessend zum Fischerdorf Cojimar. Es muss nur trockenes Wetter sein, denn gucken geht auf der Finca nur bei schoenem Wetter durch die geoeffneten Tueren und Fenster. Bei Regen bleiben sie geschlossen.
Vom Platz der Revolution bringt uns ein „gelbes Ei“ zur Finca la Vigia und wartet auch auf uns, denn es ist so abseits. Nicht viele Touristen verirren sich hierhin und eine Haltestelle fuer Busse gibt es nicht.
Da hat sich Papa Hemingway ein wirklich schoenes Plaetzchen ausgesucht zum Leben und Schreiben. Schlicht und gemuetlich eingerichtet die Finca, dazu der angrenzende sogenannte Katzenturm, in dem zu seinen Lebzeiten bis zu vierzig Katzen gleichzeitig ein schoenes Leben hatten. Hier entstand mit einem wunderbaren Ausblick aus seinem Turmzimmer ueber gruene Huegel hinweg bis aufs Meer sein Roman „ der alte Mann und das Meer“. Es faellt uns hier und jetzt nicht schwer, den Werdegang nachzuvollziehen. Das sonst spartanisch zum Schreiben und Ruhen eingerichtete Zimmer weist mit Angeln und Haken und Fotografien von Trophaeen darauf hin, dass er nicht nur theoretisch an sein Werk heranging sondern ganz praktisch vertraut war mit der fanatischen Jagd auf Beute und Sieg. Ein begeisterter Jaeger in Afrika in jungen Jahren und spaeter ein Fischer mit Haut und Haaren. Sein Fischerboot , die Yacht Pilar, kann im Garten besichtigt werden.
Frueher lag sie im Hafen des damaligen Fischerdoerfchens Cojimar, in der damals sehr einfachen Bodega La Terraza traf er die Fischer und plauderte mit ihnen und erfuhr auf diese Weise vieles aus ihrem Leben und fachsimpelte mit ihnen. Wohl auch so manche Anregung bekam er auf diese Weise fuer seine Buecher. „Inseln unter dem Strom“, „der alte Mann und das Meer“ , in ihnen leben Gestalten wieder, die ihn umgaben. La Terraza ist heute ein elegantes Restaurant, aber der alte Bartresen ist noch erhalten.
Die einfachen Fischer waren seine besten Freunde und als sie von seinem Tod am 2. Juli 1961 erfuhren, wollten sie ihm ein Denkmal setzen, die Statue des „alten Mannes“ sollte in Bronze gegossen werden. Durch die US-Blockade war Bronze knapp und so brachten die Fischer ihre Schiffsschrauben zum Einschmelzen an. Das ruehrte den Bildhauer so, dass er die Gaben ablehnte und die Statue kostenlos anfertigte.
Warum nun allerdings Hemmingsway Kopf wie eine Sphinx modelliert auf einem Stein ruht und in einer Art griechischen Tempel untergebracht ist, haben wir nicht so ganz verstanden?
Inzwischen gibt es dank der Revolution keine Fischer und keine Boote mehr und das Dorf lebt nur noch vom Mythos. Es gibt auch sonst nichts weiter zu sehen und wir laufen eine ganze Weile, bis wir eine Bushaltestelle finden und zum ersten Mal in einem einheimischen Bus mitfahren koennen. Wir wollen mit 1 CUK fuer uns zwei bezahlen, der Fahrer will es nicht, weil er nicht wechseln kann. Die Fahrt kostet wohl nur ein paar Pesos, die wir nicht haben (ca. 5 Cent) und die wirft man in eine Dose. Wechselgeld gibt es deshalb nicht und wir sollen einfach so mitfahren. Da auch Uniformierte mitfahren, kann er den CUK von uns nicht fuer sich annehmen.
Das Bussystem auf Kuba ist auch ein ganz Eigenes und hoffnungslos veraltet. Fuer uns Touristen fahren die modernen Havanatur-Busse, so auch vom Hafen aus. Sie halten unterwegs an, um Gaeste aufzunehmen, Touris sind leicht zu erkennen. Ausser dem Fahrer gehoert zur Crew immer eine nette Dame, die sich gut auskennt und an jeder Station die Leute informiert und ihnen den richtigen Weg zeigt. Meist sind sie halbleer, aber fahren regelmaessig. Ein Super-Service und du bist gut betreut. Welch ein Luxus und die Kubaner?
Sie duerfen mit diesen Bussen nicht fahren. Die einheimischen Busse sind alt und klapprig, seit dem Zusammenfall der Sowjetunion gibt es keine Ersatzteile mehr dafuer und Ungarn, der damalige Hauptlieferant hat die Lieferungen von neuen Bussen laengst eingestellt. Die Staatskasse hat keine Mittel dafuer. So gibt es auch in diesem Bereich endlos lange Warteschlangen und voellig ueberfuellte Busse. Aus der Not heraus werden uralte Lastwagen umgebaut und transportieren Menschen. Selbst die taegliche Fahrt zur Arbeit ist fuer viele Leute nicht gesichert.
Samstagmorgen, unser Havannaturbus haelt an einer Haltestelle um zwei blasse, blonde Rucksacktouristen aufzunehmen, die sich durch Handzeichen bemerkbar machen. Ein Kubaner beladen mit Tueten schiebt rasch eine alte gehbehinderte Frau und sich hinein und ein kurzer Wortwechsel, in dem der Fahrer ihn wohl daran erinnert, dass er sie nicht befoerdern darf. Vier Plaetze sind nur besetzt und draussen steht eine Menge von Leuten und wartet.
Der Fahrer will wohl eine Ausnahme machen und als er die Tuer schliessen will, steht die Polizei da und er muss aussteigen und sich einer laengeren Unterhaltung mit den Beamten unterziehen. Inhalt verstehen wir nicht, da spanisch, aber sie schreiben ein Protokoll. Welche Folgen das haben wird, wissen wir nicht, er kommt schweigend zurueck und die Verursacher haben schnell das Weite gesucht. Das sind die Situationen, in denen wir uns aeusserst unwohl fuehlen und wenn du so lange Zeit hier bist, ist die Konfrontation mit diesem Zwei-Klasse-Menschen-System ein Teil deines Alltags. Es ist fuer uns schwer zuzusehen, wenn z.B. der fast leere Bus niemanden aufnehmen darf und die Bevoelkerung in ihrem eigenen Land kaum Befoerderungsmoeglichkeit findet.
Das ganze kommunistische System ist darauf ausgerichtet, dass moeglichst wenig Gelegenheit entstehen kann, dass Einheimische und Auslaender sich begegnen und gar miteinander reden koennen. Und wenn es vor allem in Hotels oder im Service es sich nicht vermeiden laesst, sitzen genug Ohren herum, die mithoeren koennten. So geht kaum ein Kubaner auf ein persoenliches Gespraech ein, auf keinen Fall ausserhalb seiner eigenen vier Waende. Sie sind sehr freundlich, zuvorkommend aber immer mit touristischen Hintergrund.
Die Lebensfreude, Tanz und Musik, mit der die Kubaner sich das Leben dennoch schoen machen laut Mythos .... wir koennen das nicht erkennen in ihren Gesichtern und spueren es auch nicht aufgrund ihrer Ausstrahlung. Hinter ihrer Freundlichkeit kann der tief eingegrabene Ausdruck von Sorgen, Melancholie und Resignation sich nicht verstecken. Buena Vista Social Club, auch nur noch Erinnerung an einen Mythos. Das war noch Musik fuer die eigenen Landsleute und Ausdruck des Lebensgefuehls der besseren Jahre. Heute sind die Klaenge hauptsaechlich fuer die Touristen bestimmt.
Nun laeuft auch der zweite Monat unseres Visums bald ab und es winkt unser naechstes Ziel auf unserer Reise. Wir wollen Key West anlaufen und dort weitere Plaene schmieden fuer unseren Aufenthalt in USA.
So verlassen wir am Ende das fuer uns`entzauberte` Kuba mit gemischten Gefuehlen. Es wird uns sicher noch einige Zeit beschaeftigen und wir schauen aus der Ferne mit Interesse zu, was die Zukunft fuer dieses letzte sozialistische Fossil bereithaelt. Vaterland oder Tod!!! Nicht erschrecken, so endete stets jede von Fidel rhetorisch perfekt ausgefeilte und mit Pathos vorgetragene auf Wirkung bedachte Rede.
Das wollt ich doch auch mal zitieren :-)