Februar 2011
Nun sind wir Gringos in Mexico, auf der kleinen Insel Isla Mujeres, was soviel heisst wie „Insel der Frauen“. Der Seefahrer Francisco Hernandez Cordoba, der 1517 hier an Land ging, entdeckte einen Tempel mit zahlreichen Tonfiguren weiblicher Gottheiten. Ein Heiligtum der Fruchtbarkeitsgoettin Ixchel, das die Mayas einst auf ihren Pilgerfahrten nach Cozumel besuchten und so wurde die Insel danach benannt.
Es waren keine angenehmen 4 Tage im Golfstrom. Wir wussten vorher von Seglern, die nach Kolumbus den Weg hierhin gefunden hatten, dass der Golfstrom seine Tuecken hat. Aber wie so oft, konnten wir ohne unsere eigene Erfahrung uns wenig darunter vorstellen.
Nun wissen wir es: Wind gegen Strom, Windgeschwindigkeit 15 kn/bis zu 4 kn gibt es Strom dagegen und wir sitzen die ganzen Tage wie im Ruettelbecher. Die hohen schraegen Wellen geben den Rest dazu. Erst kurz vor der Kueste geht der Gegenstrom auf 1 kn zurueck. Wahrlich keine Vergnuegungstour und wir sehnen uns nur danach anzukommen. Haetten wir eine bessere Planung gebraucht? Nein, der Golf hat keinen festen Lauf und ist nicht berechenbar, er veraendert sich staendig. Hat er heute an manchen Stellen noch leichte Drehungen, haelt er morgen bereits wieder voll dagegen. Also Augen zu und durch.
Es gibt aber auch Angenehmes zu berichten von unserem Toern.
In Key West kam ein strahlender Kaeptn eines Morgens von Westmarine zurueck und hielt ein neues Geraet in den Haenden, das man AIS nennt, automatisches Identifikationsystem. Fuer die Grosschiffahrt ist es Pflicht, fuer Segler nicht. Nun sind die Nachtwachen deutlich entspannter. Es ist sehr beruhigend, wenn ein Warnton uns die Schiffe meldet, die evtl. unseren Kurs kreuzen und vor allem so rechtzeitig, dass wir beobachten und notfalls unseren Kurs aendern koennen. Und wie genau alles berichtet wird. Ausser den wichtigen techn. Daten erfaehrst du den Namen des Schiffes, Zielort und Art der Fracht usw. Da man nachts sonst wenig zu tun hat, ist das ganz witzig, diese Details zu lesen. Die Kreuzfahrtschiffe verraten auch, wie viel Personen sie zum naechsten Stop durch die dunkle Nacht befoerdern.
Natuerlich ist ein regelmaessiger Rundumblick nicht ueberfluessig, denn kleine Fischerboote haben kein AIS . In Kuestennaehe also wird dennoch aufmerksam gewacht, aber mitten im Meer ist eindoesen waehrend der Wache nicht mehr so abwegig. Im Gegensatz zum Radar braucht unser neuer Freund auch fast keinen Strom.
Nach diesem unruhigen Segeltoern ist das Ankommen auf dieser kleinen vertraeumten Insel Isla Mujeres besonders schoen. Nachts hatten wir die Segel verkleinert, wir wollten nicht im Dunkeln ankommen. So treffen wir kurz nach Sonnenaufgang im Hafen ein und legen uns an den Ankommsteg der Marina. Die Formalitaeten mit den Behoerden sind innerhalb der naechsten Stunde erledigt, trotz Muedigkeit machen wir uns rasch frisch und fein – der Ort liegt direkt an der Marina und wir koennen es nicht erwarten, einen ersten Eindruck zu bekommen.
Die Insel ist nicht sehr gross, 7 km lang, 1 km breit und zaehlt ca 15000 Einwohner. Palmen rascheln im Wind und der lange weisse Sandstrand laedt zum Schwimmen ein. Schnorcheln und nahezu jegliche Aktivitaet, die auf und unter Wasser moeglich ist, kann organisiert werden. Isla Mujeres ist sehr beliebt und relativ touristisch wie alle Inseln, die soviel Abwechslung bieten. Es ist jedoch ein sanfter Tourismus, klimatisierte Hotelpalaeste mit Pool wie im gegenueber der Insel liegenden Cancun findet man hier nicht. Meist sind es die Tagesausfluegler von Yucatan, die einen Tag hier verbringen und kurzzeitig die vielen Souvenirlaedchen und Strandbars beleben.
Die vielen kleinen Laeden quellen ueber mit bunten Kleidern, Masken und Andenken, gemuetliche Aussenrestauration lockt mit einheimischen kulinarischen Genuessen und kleine Tiquillaerien wollen Dich einladen, auf irgendein Wohl zu trinken.
Es gibt auch kaum Sehenswuerdigkeiten im klassischen Sinne, dafuer aber Urspruenglichkeit und ein wahres Unterwasserparadies.
Die Inselbewohner sind hauptsaechlich kleine, runde und ueberaus freundliche Mexicaner. Wir mieten uns einen der hier ueblichen fahrbaren Untersaetze (Golfcar) und hoppeln damit einen Tag lang ueber die Insel. Busse fahren hier nicht.
Die Orientierung ist einfach, es gibt eine Sued- und eine Nordspitze, die jeweils besonders betont sind und einladen zum Verweilen. Die Aussicht ist an jedem Ende phantastisch. Es gibt einen Skulpturenpark an der Suedspitze und die Reste eines Mayatempels. Noch klein und unspektakulaer - aber erinnert bereits daran, dass wir auf unserer Reise durch Lateinamerika hoffentlich viele antike Staetten besuchen werden. Auf das Eintauchen in die antiken Welten der Azteken und Mayas freuen wir uns besonders. Ihr Nachlass scheint fuer die Ewigkeit geschaffen und erweckt immer wieder die Phantasien und Gedanken an die fruehere Welt. Ein lebendiger Geschichtsunterricht fuer jedes Alter.
Wir stehen auch am oestlichsten Punkt von Mexico und werden darauf aufmerksam gemacht, dass wir an dieser Stelle die ersten Menschen am Morgen sein koennten, die die Sonne aufgehen sehen – vorausgesetzt , wir stuenden so frueh auf ! Na, das koennen wir ja leider vergessen, denn das mit dem „frueh“ schaffen wir doch nicht.
Welche Richtung wir auch waehlen bei unserer Spazierfahrt, ueberall das Idyll von Palmen und Strand, kleine verraeucherte (!) Bars oder Futterkrippen, duempelnde Fischerboote und bunt gestrichene Haeuser in orange, pink, lila oder mint. Zu klein fuer einen Flughafen wird sich auf dieser Insel zum Glueck auch wenig veraendern. Es wird bei den wenigen Hotels und den zahlreichen einheimischen Pousadas bleiben und damit beim Individualtourismus.
Wilfried zieht eines Morgens mit seinen Tauchklamotten los und faehrt mit ein paar anderen Tauchern raus. Er ist begeistert von der hiesigen Unterwasserwelt und das naechste Mal nimmt er seine Kamera mit. Unversehrte Korallen und bunte Fischchen im kristallklaren Wasser entschaedigen ihn fuer den Muselkater, den er nach 2 jeweils einstuendigen Tauchgaengen mit nach Hause bringt.
Und so sind wir schon wieder in einem kleinen Paradies angelangt, das uns eigentlich laengere Zeit fesseln koennte.
Durch die in Sichtweite liegende Halbinsel Yucatan und die in kurzen Zeitabschnitten hin- und herfahrenden Faehren ist Isla Mujeres ein guter Ausgangspunkt fuer Unternehmungen ins Land hinein.
Mexico ist das Land mit der groessten Anzahl an archaeologischen Ausgrabungsstaetten schlechthin. Das Volk der Maya machte mit den monumentalen Bauten Yucatan weltberuehmt. Ihre Kultur zaehlt zu den fortgeschrittensten des Kontinents, ihr Erbe scheint fuer die Ewigkeit gemacht. Natuerlich ist das ein viel zu grossen Thema, um an dieser Stelle alles darueber zu erzaehlen. Dafuer gibt es Quellen und Buecher und Dokumente genug, die man nachlesen kann.
Wir folgen den Spuren der Maya nach Chichen Itza , die wohl groesste restaurierte antike Maya-Stadt, die ihre Bluetezeit 600 bis 900 nach Christi hatte. Ihr Ziel, die in der Erde liegenden Steine zum Leben zu erwecken und sie ein Zeugnis ihrer Kultur geben zu lassen haben sie bis heute erreicht. Ihre Schriften, Begebenheiten und Rituale sind so bildhaft geblieben und lassen uns in der Gegenwart noch darin lesen
Chizen Itza wurde irgendwann im Laufe der Geschichte erst von den Maya, spaeter von nachfolgenden Eroberern endgueltig verlassen und von Urwald und Naturgewalten bedeckt lange Zeit vergessen. Um 1842 herum begannen langsam die Ausgrabungen und Restaurierungsarbeiten, die bis heute anhalten.
Das groesste Gebaeude, die Pyramide des Kuculcan steht am 21. Maerz und 21. September jeweils im Vordergrund der Aufmerksamkeit. Es sind die Tage der Tag-und-Nacht-Gleiche und um 16.00 Uhr sieht man den Schatten einer imaginaere Schlange auf den Mauern erscheinen als Symbol fuer die Gottheit Kuculcan, den die Maya sehr verehrten. Ein grosses Ereignis fuer alle, die dies alljaehrlich miterleben koennen.
Vor 11 Monaten stiess man auf neue Fundamente und Mauern und bereits jetzt koennen die Fachleute erkennen, dass die bereits restaurierte Pyramide des Kuculcan nur die Spitze einer viel groessern ist, die in den naechsten Jahren freigelegt wird. Spannend, das mitzuerleben und ich bin gespannt, wie es in ein paar Jahren dort aussehen wird.
Die hochentwickelten Kenntnisse in Mathematik und Physik machten so manche Phaenomene moeglich an vielen ihrer heiligen Staetten. Der Maya-Kalender ist der praeziseste aller Zeitberechnungen. Was auch Sinn macht bei einem Volk, das sich der Landwirtschaft und dem Verschelzen mit der Natur verschrieb.
So gibt es einen Kriegertempel mit der Figur des Chac Mol, aus dessen Bauch heraus genau an diesen Tagundnachtgleiche-Tagen die Sonne morgens aufgeht. Vielleicht ist das jetzt fuer einen Leser daheim sehr theoretisch. Fuer uns, die wir heute davor stehen und selbst diese Hinterlassenschaften in Bild und Symbolen erklaert bekommen und spaeter allein dort stehen und es auf uns wirken lassen koennen, ist das alles sehr sehr lebendig.
Es wird oft vom Untergang der Mayas gesprochen, so sind wir erstaunt, dass es noch ca. 11. Millionen Maya gibt, vorwiegend in Mexico, Honduras und Guatemala. Die Nachfahren ihrer Ahnen erleiden dasselbe Schicksal wie alle Nachfahren der grossen vergegangenen Kulturen. Sie leben am Rande der Gesellschaft unter den aermsten Bedingungen.
Optisch deutlich an ihr Volk erinnernd und in der entsprechenden Kleidung duerfen sie zwar im Vordergrund als Aushaengeschild an den zahlreichen Ausgrabungsorten die meist in Plastik nachgemachten typischen Andenken wie Masken, Maya-Kalender oder Tierfiguren anbieten, alles fuer 1 Dollar. Trotz der bruetenden tropischen Hitze und der sich immer wieder mit Regenfluten entladenden Gewittern halten sie Tag fuer Tag durch, oft mit der gesamten Familie. Kleine Kinder singen die Nationalhymne und bekommen ein paar Pesos mit Glueck von den Besuchern.
Sie haben kaum Moeglichkeiten, ihren Lebensunterhalt ausreichend zu verdienen. Sie sind es, die den Muell wegraeumen, die niedrigsten Dienste leisten fuer den schlechtesten Lohn und in den aermsten Huetten am Dorfende geduldet sind. Fliessend Wasser ist selten und wir fragen uns einmal mehr, wie sie es unter diesen Umstaenden schaffen, in ihrer typischen Kleidung (weisse Kleider mit bunten gestickten Blumen) sich so piekfein zu praesentieren. Stolz und Wuerde strahlen sie aus. Das durchschnittliche Einkommen liegt bei ca. 7 Dollar am Tag.
Ironie des Schicksals – die Touristenfuehrer der zahlreichen Unternehmen, die die Besucher hierhin karren, bringen schon vor der Besichtigung die Gaeste in die mit ihnen verbandelten Shoppingcenter fuer ihren Andenkeneinkauf. Hier sind wirklich gute und auch teure Dinge, die locken . Hier sind die Masken aus Holz, echte Webkunstteppiche im Angebot und gut gefertigte Teile aus Edelsteinen. So manche Gottheit aus Onyx oder Obsidian und hier blueht das Geschaeft. Es sind die mexicanischen Geschaeftsleute, die hieran verdienen oder auslaendische Investoren.
Mit vollen Taschen im Bus steigen die Besucher dann aus in Chichen Itza und werden noch gewarnt vom Touriguide, man solle den Mayas nichts abkaufen, weil ....... und untergraben mit ihrer Vorgehensweise auch noch die letzte Moeglichkeit sich ein paar Pesos zu verdienen. Auf diese Weise gleicht eine Tour fast einer Verkaufsfahrt und die antiken Staetten sind fast Nebensache.
Es war das erste Mal, dass wir eine organisierte Fahrt mitmachten, erhofften wir uns doch mehr Informationen und Erklaerungen durch den Fuehrer und konnten ganz entspannt die Reise im Bus dorthin geniessen. Wiederholen wuerden wir es nicht auf diese Weise, wir haben doch andere Schwerpunkte und Vorstellungen einer solchen Tour und vor allem ein ganz anderes Tempo. Immer die Uhrzeit im Hinterkopf fuer die Weiterfahrt laesst es sich nicht gut herumspazieren, meinen wir beide und wollen weitere „alte Steine“ nur noch allein besuchen.
Ein High-Light zum Abschluss der Tour war der Besuch einer der Cenotes. Davon gibt es in Mexico reichlich. Es sind unterirdische Fluesse, die den Kalksandstein ausgewaschen haben. Durch Einsturz der Decken entstehen offene Hoehlen, in den Zeiten der Maya-Kultur waren es die Oeffnungen zur Unterwelt. Heute gelten sie als Attraktion fuer Touristen, die nach einem heissen Tag freudig ins kalte Nass springen. Leider war die Zeit sehr kurz bemessen nach dem Besuch in Chichen Itza, so dass nur wenige unserer Gruppe noch in aller Eile dieses Bad geniessen wollten. Das holen wir dann spaeter an einem anderen Ort nach.
Ein schoener Tag mit vielen Eindruecken und Erlebnissen war rasch zu Ende und um 22 Uhr zurueck an Bord fielen wir todmuede in die Koje.
Wie daheim in Koelle und Umgebung ist jetzt Karneval. Was genau geplant ist, kann uns niemand erklaeren. Also heisst es, jeden Tag ins Dorf gehen und gucken und abwarten. Samstag zogen bunt dekorierte Tanzgruppen durch die Strassen und heute (Sonntag) schwebt noch eine finstere schwarze Regenwolke ueber allem und die warten wir noch ab, bevor wir uns wieder ins Getuemmel stuerzen.
Also nutzen wir die Zeit, diesen Bericht in die Website zu stellen und melden uns in Kuerze wieder mit neuen Nachrichten