April 2011
Die Monkeybay-Marina im Dschungel am Rio Dulce ist der ungewoehnlichste Lagerplatz auf unserer bisherigen Reise. Wie eine Marina wirkt die Anlage gar nicht, wenn da nicht die Stege fuer ein paar Boote waeren. Wo hoert man auch sonst so nah die Affen in den Baeumen bruellen neben all dem Vogelgezwitscher? Es gibt ein paar der landestypischen palmstrohgedeckte Huetten fuer Duschen, offene Werkstatt, offene Aussenkueche zur allgemeinen Nutzung mit Gasplatten, Grill und Tiefkuehlschrank und das Schmuckstueck: eine riesige offene Veranda zum Faulenzen mit gemuetlichen Sofas, Haengematten, Tischen und Stuehlen, von Ventilatoren zusaetzlich gut belueftet.
Das alles ist auf Stegen gebaut und zu begehen, ringsum wachsen die Baeume, Streaeucher und Blumen unbeschadet weiter und unter wiegen sich die Wellen des Flusses . Es ist eine Augenweide und ein wunderbarer Platz zum Verweilen. Wir fuehlen uns hier sehr wohl.
Dennoch schwitzen wir uns die „Perlen von der Haut“ ....... , ab spaeten Nachmittag fallen meist die Mosquitos ueber uns her und wollen „unser Bestes“. Nicht jeden Tag, aber wir haben noch nicht herausgefunden, nach welchem Rhythmus das geschieht. Klar, wenn es windig ist, haben sie keine Lust, uns zu quaelen.
Gleich in der ersten Woche haben wir ein Sonnenschutzdach in Auftrag gegeben, die vorhandenen Abdeckungen lassen bei diesen Temperaturen kein friedliches Bordleben zu. Wir leben uns langsam ein und erledigen nun alles mit dem Dingi, denn Strassen im Dschungel gibt es keine. Zum Einkaufen fahren wir zur Siedlung Fronteras, ca. 15 min. dauert die Fahrt mit dem Gummiboot und bei Brunos Restaurant liegt es gut und sicher, waehrend wir einkaufen in dem heissen, staubigen und quirligen Ort.
In Frontera fahren auch alle Busse ab. Mit den etwas besseren Fahrzeugen geht es in Richtung Guatemala-City, die asphaltierte Hauptroute entlang und von dort zu den Provinzhauptstaedten.
Die wenig bequemen und ziemlich schmutzigen Chicken-Busse steuern meist die Nebenstrecken an. Die Huehnerbusse sind amerikanische Schulbusse, die dort seit Jahren ausrangiert sind und hier in Guatemala noch mehrere hunderttausend Kilometer Dienst auf kurvigen Hochlandpisten absolvieren, bevor sie gaenzlich auseinanderfallen. Sie transportieren in einer Tour Unmengen an Menschen, Tieren und Waren in die entlegendsten Winkel des Landes.
Eine Fahrt im Huehnerbus ist ein besonderes Erlebnis, wenn man jegliche Gedanken an Standard und Qualitaet verscheucht hat und sich darauf einlaesst. Aber viel Zeit muss man haben, denn kaum eine Busfahrt verlaeuft ohne Panne.
Selbst erlebt – das kommt spaeter, wenn wir nach Flores unterwegs sind..... Das Outfit variiert von frisch lackiert und gut anzusehen bis vollkommen verbeult, verrostet mit zersplitterten Fensterscheiben.
Fuer den Fall, dass die Technik versagt, gibt es noch vorn beim Fahrer den Hinweis: „Senor benedictus Mi Camino“ ...... frei uebersetzt bedeutet es so ungefaehr „Gott beschuetze meinen Buss“.
Die Einkaufstouren im Ort gestalten sich meist kurz, nach 2 bis 3 Stunden sind die Taschen gefuellt, ein riesiger Fruchtsmooties die Kehle hinuntergelaufen und meist knabbern wir auch irgendwo eines der einheimischen Mittagsgerichte. Dann sind wir so matt und geschwitzt, dass wir zurueckfahren. Die Hitze macht uns doch sehr zu schaffen, ab Mittag suchst du nur noch schattige Plaetzchen auf und bist wenig aktiv. Wir bedauern es taeglich, dass das Flusswasser zu schmutzig ist zum Schwimmen. So eine Abkuehlung fehlt dann doch sehr bei diesen schwuel-heissen Temperaturen.
Eine schoene Abwechslung sind die Dingifahrten durch die verschlungenen engen Pfade des Dschungels, die auch nur mit diesen kleinen Boetchen moeglich sind. Die Voegel haben wenig Scheu und die weissen Reiher drehen ihre langen duennen Haelse kaum noch nach Besuchern um. Die gelben und auffallend grossen blauen Schmetterlinge flattern zwischen den Baeumen und manchmal liegt ploetzlich ein dicker Stamm im Wasser vor uns, weil wir nur in die Hoehe gucken. Nur schade, dass die Wege so lang sind und wir den Aussenborder dazu brauchen, der einzige Misston in dieser Stille.
Manchmal taucht auch ganz ploetzlich ein kleines Huetten- Restaurant auf und wir koennen mit dem Dingi anlegen und uns erfrischen. Viele kleine persoenliche Paradiese liegen zwischen den Baeumen versteckt. Waehrend wir in der Heimat sagen wuerden, „komm, lass uns spazieren gehen“, heisst es hier: „komm, wir fahren ein wenig durch den Dschungel“. Ein ganz besonderes Erlebnis ist das jedes Mal fuer uns.
Bereits nach der ersten Woche kaufen wir eine Fahrkarte fuer den Bus nach Guatemala-City. Wilfried benoetigt eine Bescheinigung von der Deutschen Botschaft und da mein Pass ab Juni nur noch ein halbes Jahr gueltig ist, geb ich vorsorglich einen neuen in Auftrag. Beim Reisen in Suedamerika von einem Land zum anderen muss ein Reisepass mindestens 6 Monate gueltig sein und so hab ich spaeter die Sicherheit, dass die Zeit nicht eng wird. Vier Wochen wird es dauern, bis ich ihn dort abholen kann.
Auch der „1. Klasse-Bus“ hat keine Klimaanlage und wir entscheiden immer wieder neu zwischen Zug im Nacken oder ersticken. Immerhin braucht der Bus fuer die 277 kurvigen km nach G-City fast 7 Stunden mit einer kurzen Pipi-Pause von 15 Minuten. Die Hauptstadt liegt im Hochland und so hat die Maschinerie ganz gut zu arbeiten.
Aufregend und interessant sind die Aussicht und Stops unterwegs. Grosse Gebiete des Urwaldes sehen wir immer wieder abgebrannt durch Brandrodung, magere klapperduerre Kuehe und Ziegen, die zwischen den schwarzen Halmen Nahrung suchen. Aber auch saftig gruene Wiesen und ueberall Bananen-Pampelmusen- und Mangobaeume mit reichlicher Frucht machen Appetit auf Vitamine.
Zwischen den Orten, an denen der Bus haelt, sieht man kaum zusammenhaengende Doerfer. Einzelne der typischen Einraum- Holzhuetten mit Palmstroh gedeckt praegen das Bild, sie beherbergen Familien mit durchschnittlich 7 Kindern. Huehner und schwarze Hausschweine wuseln im Staub um die Huette herum auf der Suche nach etwas Essbarem. Abgeschnittene Oelfaesser mit Holzkohle gefuellt qualmen draussen vor sich hin und ersetzen die europaeische Einbaukueche. Abseits der Hauptstrasse gibt es fast nur Wege, die nicht asphaltiert sind. Eine beeindruckende Landschaft und abwechlungsreich, wohin das Auge auch reicht. Obwohl die Waerme im Bus muede macht, haben wir keine Lust zum Schlafen und gucken uns lieber die Augen aus dem Kopf.
Am La Terminal kommen wir an, es ist nicht nur der Haupt-Busbahnhof des Landes, auch der groesste Warenumschlagplatz und Markt und alles andere als einladend auf kleinster Flaeche. Unzaehlige russende, hupende Busse verstopfen die engen Strassen und bringen Handelsgueter aller Art – und Menschen, die sie kaufen.
Dicht gedraengt stehen die kleinen Laeden, Staende oder meist Holzverschlaege, viele davon illegal. Obst, Gemuese, Fleisch und Meeresfruechte werden angeboten, genauso wie Ersatzteile, Motoren oder Kleidung, Eiswagen oder Tortillastaende - es gibt nichts, was es hier nicht gibt.
Hier wuehlen sich die Menschen schwer beladen durch die engen Gaenge und Strassen. Es riecht nach Abfall und Urin. Seit ueber 40 Jahren waechst diese Stadt enorm und aus der Zone 4 der Hauptstadt ist auf diese Weise ein unkontrollierbarer, chaotischer Molloch geworden. Wachsende Kriminalitaet, Dreck und Gestank stossen ab und auch fuer uns ein Grund, unmittelbar beim Ankommen mit dem Taxi in unser Hotel zu fahren. Fuer heute haben wir schon genug gesehen.
In G.-City nehmen wir uns fuer 4 Tage ein Zimmer und erledigen am naechsten Morgen rasch den Gang zur Botschaft, na ja, es werden mehrere Gaenge, mehrere Morgen, da es schwierig ist, den fuer einen Reisepass korrekten Bildermacher zu finden. Ich hinterlasse ein Foto und 131,60 Eu in der Botschaft und in vier Wochen kann ich wiederkommen und den neuen Pass abholen. Diese Reise wollem wir spaeter mit einer Tour nach Antigua und zum Atitlan-See verbinden, die 45 km weiter als die Hauptstadt liegen.
Nun haben wir Zeit und Musse fuer ein wenig Sight-Seeing, wenn auch G.-City eine typische „Alltagsstadt“ darstellt, die man nicht unbedingt gesehen haben muss. Sie ist in viele Zone aufgeteilt zur besseren Orientierung und Einschaetzen von Gefahren. So weiss der Tourist recht schnell, wo er sich unbesorgt umsehen kann.
Wir haben auf unserer Wunschliste ganz oben das „Museo Nacional de Arqueologia y Etnologia de Guatemala“ gesetzt und werden auch nicht enttaeuscht. Die Mayas und ihre Geschichte und Kultur beschaeftigen uns derzeit sehr und hier finden wir alles Wissenwerte darueber, bewundern archaeologische Fundstuecke aus bekannten Maya-Staetten. Stelen, Keramik, Masken und Trachten sind ausgestellt sowie ein Modell von Tikal, der groessten guatemaltekischen Maya-Staette des Landes. Die werden wir auch bald besuchen und bekommen hier bereits einen Vorgeschmack darauf, was uns erwartet. Um die kostbaren Stelen und beschrifteten Steine und Grabbeigaben vor Witterung und Grabraeubern zu schuetzen, wurde einiges von Tikal hierher ins Museum gebracht.
Dieser Museumbesuch war dann eigentlich auch das Beste in den wenigen Tagen. Natuerlich sind wir auch neugierig auf die weniger beliebten Stadtteile und das normale Alltagsleben in den Strassen und Geschaeften. Es muss ja nicht immer nur „schoen“ sein, authentisch ist viel interessanter und unter diesem Motto laufen wir immer los.
In jener verruchten Zone um La Terminal herum fallen uns die bunten Riesenpuppen auf, augenscheinlich aus Krepp-, der Torso darunter aus Zeitungspapier. Die Laeden einer langen Strasse sind allesamt damit dekoriert und staendig laden Leute eine oder zwei muehsam wegen Platzmangel in ihr Auto. Zum Spielen sind die aber nicht so praktisch, denken wir und dann fragen wir den stolzenVater eines wunderschoenen Babys (Michelle) und Anbieter der Monsterpuppen, warum diese so begehrt sind?
Das Geheimnis ist gelueftet, es sind Pinatas. Sie werden gekauft fuer Gebutstage oder andere Festlichkeiten, gefuellt mit Bonbons und waehrend sie hoch oben irgendwo aufgehaengt sind, fallen beizeiten die Leckereien aus den Fuessen heraus. Ein Mordsgaudi fuer den Beschenkten und die Gaeste.
Ein ungewoehnlicher Anblick sind auch die knusprigen Schwarten von Huhn und Schwein, durchsichtig verpackt mit Schleifchen drum. Auch eine Leckerei bei den Einheimischen. Vorwiegend in den Trachten ihrer Doerfer sieht man die Menschen und die meisten der Frauen haben ein Tuch umgebunden, in dem ein Baby sich wohlfuehlt und von dort in die Welt hinausguckt. Nirgendwo sehen wir Kinderwagen.
Die Strassenkinder von Guatemala – hier sehen wir sie nicht zum ersten Mal. Im ganzen Land ist es selbstverstaendlich, dass die Kinder mitarbeiten und zum Unterhalt der Familie beitragen. Im guenstigen Fall werden sie mit Aufgaben betraut, die sie bereits mit ca. 6 Jahren bewaeltigen koennen. Sie rennen mit einem kleinen Angebot an Ware wie Mangoscheiben oder Tuetchen mit Kokosnusssaft durch die Menge oder ankommende Busse und versuchen ein paar Quetzales zu verdienen, unermuedlich fast 12 Stunden lang.
So gering auch die Aufgaben manchmal erscheinen, es gibt Knirpse, die auf diese Weise fuer das Einkommen ihrer gesamten Familie verantwortlich sind. Die Arbeiten variieren, in groesseren Orten mit Laeden sind es andere als in den laendlichen Gebieten.
Es ist recht normal, dass hinter der Ladentheke eines kleinen Geschaeftes der 10jaehrige Sohn strahlend das Angebot zeigt und verkauft. Es ist meist ein Mitteinander in der Familie und sie strahlen einen Stolz aus, der zeigt, dass sie wichtig sind fuer die Gemeinschaft und ernsthaft ihren Teil dazu leisten. Diese Seite von Kinderarbeit sehen wir zu wenig und angesichts der Analphabetenrate von ca 37 % in Guatemala faellt die Akzeptanz auch schwer.
Nirgendwo haben wir bisher in der Menge so junge Muetter gesehen wie in diesem Land. Es scheint, dass 15 Jahre fuer das 1. Kind bei jungen Maedchen das Einstiegsalter ist, in kurzen Abstaenden folgen meist die weiteren Kids. Wir sind jedoch sehr beeindruckt davon, wie man hier mit Kindern umgeht, wenn man das Thema der Kinderarbeit aussen vor laesst. Sehr liebevoll getragen am Koerper im Tuch so lange es geht, gestillt wird ueberall und jederzeit und fuer unsere Verhaeltnisse sehr lange, 4 Jahre sind nicht ungewoehnlich.
Die Familien sind meist zusammen. Seit Wochen bewundern wir immer wieder, wie viele Kinder jeden Alters mit ihren Eltern unterwegs sind, im Bus, in Wartehallen, an den Strassen – fast nie sehen oder hoeren wir sie quengeln oder streiten. Sie spielen wie alle Kinder oder sitzen abwartend auf dem Boden, aber es ist eine harmonische Ruhe und Gelassenheit ueber allem. Die Eltern strahlen dies aus und die Kinder uebernehmen das und sind sehr zufrieden.
Wilfried mit seinen weissen Haaren und dem weissen Bart faellt ihnen sehr auf und taeglich zeigen sie auf ihn und lachen. Ob sie wohl denken, er ist der Weihnachtsmann?
Vielleicht hoert sich das jetzt an wie heile Welt, ist es natuerlich nicht.
Fuer Guatemalteken bedeutet eine grosse Kinderschar die Absicherung des Alters, dessen Grenze uns Europaer aber erschreckt. Durch die muehsamen Alltagsbedingungen und die vielen Geburten sind die Frauen und die Maenner durch harte koerperliche Arbeit in der Landwirtschaft oder in den Urwaeldern frueh alt und ausgemergelt. Die Einschulungsrate betraegt trotz allgemeiner Schulpflicht 69 % und nur wenige Kinder beenden die 6 Jahre dauernde Grundschule. Sie helfen derweil beim Haushalt, hueten die zahlreichen Geschwister und muessen Futter fuer das Vieh holen. Waehrend der Kaffee- und Zuckerrohrernte verdingen sich die Eltern als Wanderarbeiter im ganzen Land. Die Kinder wohnen mit ihnen auf den Haciendas und arbeiten auch da schon in jungen Jahren mit.
Abgesehen von den vielen familiaeren Gruenden ist es auch nicht immer so einfach fuer Kinder, eine Schule zu erreichen. In der Naehe der Siedlungen mit einer Grundschule, herrscht oft reger Einbaum-Verkehr auf dem Fluss, denn dieser ist der einzige Verkehrsweg. Auch im Land selbst sind die Wege oft zu lang fuer eine taegliche An- und Rueckfahrt. Fuer eine Unterbringung vor Ort fehlt aber das Geld, selbst fuer die Fahrt mit dem Bus.
Wir nehmen von diesen wenigen Tagen in der Hauptstadt viele Eindruecke mit zurueck zum Boot und geniessen dort wieder die Stille der Natur. Ostern naht und wir planen unsere naechste Reise nach Flores.
Flores ist die Hauptstadt einer Insel im Peten Itza-See im Norden von Guatemala. Wider Erwarten koennen wir keine Fahrkarte im Voraus kaufen. Die Fahrt wird etwa 4 Stunden dauern wieder auf kurvigen Pisten und wir koennen uns kaum vorstellen, dass wir das ohne Sitzplatz bewaeltigen sollen. Aber wir sind ja auch Gringos, die Einheimischen nehmen das ganz selbstverstaendlich an.
Der Bus ist kein Vergleich mit dem recht guten nach G.-City, eben ein echter Huehnerbus. Als er mit fast einer Stunde Verspaetung endlich kommt, sind wir im Nu eingeweiht in das „wahre Leben“. Auf dem Dach quillt der Gepaectraeger bereits ueber von Ware und Koerben und Taschen. Der Bus ist schon mehr als voll und wir steigen mit einer weiteren Menschenmenge ein. Es wird so eng, dass wir trotz der aeusserst rasanten Fahrweise des Fahrers keine Moeglichkeit haben zu stolpern oder auf den Nachbarn zu fallen. Es passt keine Maus mehr zwischen die Menschen ....... oder doch?
Jetzt wird es erst richtig lustig, die fliegenden Haendler nutzen den Stop fuer schnelle Verkaeufe, sie quetschen sich noch ueber die Sitze und hangeln sich durch die zerdrueckte Menge mit Eimern auf dem Kopf mit Fisch oder Fruechten oder Nachos zum Knabbern waehrend der Reise. Au Backe, sind wir froh, wenn der Bus weiterfaehrt, denn lauthals rufen sie uns ins Ohr, was sie anbieten und Ware und Geld wird von Hand zu Hand weitergereicht.
Auch jetzt bewundern wir den Gleichmut, mit dem die einheimischen Familien im Gang stehen und keiner der Kinder quengelt. Neben mir haelt eine Maya-Frau ihren Juengsten von ca. 3 Jahren auf dem Arm und kann sich kaum festhalten in den Kurven. Niemand bietet ihr einen Platz an, denn alle haben selbst Kinder dabei und sind froh, wenn sie einen Sitzplatz ergattert haben. Erst nach einer fuehlbar viel laengeren Fahrtzeit von einer halben Stunde steigen einige Leute aus und nach und nach koennen wir alle sitzen. Vor mir sitzt eine Mutter, die ausser ihrer Kinderschar auch noch ein lebendes Huhn in ihrer Tasche mitgenommen hat. Mit einer Wasserflasche wird es versorgt mit Tropfen daraus, was nicht einfach ist, die Kinder nuckeln an der Limoflasche. Spaeter gucken alle in die gleiche Richtung aus dem Fenster heraus, auch das Huhn - wir grinsen uebers ganze Gesicht.
Flores ist ein kleiner authentischer Ort und zieht allabendlich Einheimische an den See, um die abendliche Kuehle und die leckeren Kleinigkeiten zu geniessen, die von zu Hause mitgebracht auf Tischen auch zum Kauf angeboten werden fuer wenige Quetzales. Die einzige Hauptstrasse fuehrt am See vorbei und so ist es ein lautes buntes Abendgemisch von Familien, vollbepackte Motorraeder mit bis zu 4 Personen und Pick-ups voll mit der gesamten Familie und Nachbarschaft, die Runde um Runde durchs Dorf drehen.
Wir haben ein Zimmer mit Balkon und Seeblick, was einerseits sehr schoen ist, uns andererseits aber bis mitten in der Nacht wachhaelt wegen des Motorenlaerms. Jetzt in der Osterwoche, genannt die Santa Semana, geht auch kaum jemand schlafen. Es wird mehr gefeiert als zu Ostern selbst.
Am Karfreitag ist die Prozession vorbei, bevor wir aufwachen .... 6 Uhr in der Frueh. Aber am Abend findet sie noch einmal statt, da sind wir dann am Strassenrand dabei. Tagsueber bewundern wir die wunderbaren kunstvoll gelegten Teppiche, die aus gefaerbten Saegespaenen und mit Hilfe von Schablonen auf die grossloecherigen Kopfsteinpflaster gelegt werden von der jeweiligen Nahbarschaft. Aus den Haeusern ertoent laut moderne Pop-Musik dazu und es geht zu wie bei einer Beach-Party. Damit die Spaene auch haften, werden die gelegten Bereiche staendig besprueht mit Wasser. Kurz vor der Prozession schmuecken Blumen und Obst zusaetzlich das Gesamtbild.
Fast alle Touristen von ausserhalb waehlen Flores als Ausgangspunkt fuer die Fahrt nach Tikal, der groessten Ausgrabungsstaette von Mayatempeln in Guatemala, wir auch. Ein oeffentlicher Bus faehrt nicht die 63 km dorthin, aber die Hotels organisieren die Fahrten.
Nach den Ostertagen machen wir uns auf den Weg und brechen die Zelte in Flores ab, um dort in Tikal eine Unterkunft im umgebenden Nationalpark fuer 2 Tage zu nehmen. Wegen der Temperaturen ist es ratsam, frueh morgens loszugehen, wenn man die wichtigsten auf 8 – 10 km verteilten Tempel und Staetten alle sehen moechte. Es geht erstmal 25 min nur bergauf ueber Treppen und spaeter dann endlich koennen wir ueber normale Waldwege gehen.
Die grosse Maya-Ausgrabungsstaette liegt eingebettet in einem ca. 600 Quadratkilometer grossen Naturnationalpark. Wir sehen hoch aufragende Tempel, gewaltige Palaeste und zahlreiche kleinere Objekte, mitten im Regenwald versteckt. Hier gibt es keine fliegenden Haendler, keine Souvenirbuden, nur die Natur. Die scheint noch recht intakt, denn es ist eine gute Kombination aus Flora und Fauna und ganz oder teilweise restaurierten Bauwerke. So abseits liegt Tikal ganz fuer sich in der weiten Landschaft, dass die wenigen Besucher keinen Schaden anrichten. Wir sehen fremde bunte Voegel, Fasanen, Affen, Leguane, Kroeten und Nasenbaeren auf unseren Wegen.
Tikal hat 2 Typen von sommergruenen Regenwald. Der Bergwald mit Baeumen bis zu 50 m, dunkler Boden und wenig Unterbewuchs, wo Edelhoelzer wie Mahagoni oder Zedern wachsen. In den tieferen Regionen ueberwiegen niedrige Baeume, die von dichtem Dornengestruepp und Schlingpflanzen umgeben sind, Orchideen und Kakteen bewohnen so manchen der dicken Staemme zusaetzlich zum Blaetterkleid.
Beim Freilegen der Tempelanlagen wird nur das Notwendige an Hoelzern abgesaegt, so ist die Mischung aus diesen alten Gemaeuern und dem wunderbaren Regenwald einzigartig. Eine Atmosphaere von Urspruenglichkeit und reicher Vergangenheit ist zu spueren und wir sind gluecklich, dass wir hier sein koennen.
Es heisst, dass bisher ca. 10 % der vorhandenen Maya-Staette freigelegt sind, im Rest des Urwaldes also noch reichlich Ausgrabungsmaterial fuer die nachfolgenden Generationen vorhanden ist. Anhand mancher halb ausgegrabenen Tempel kann man sich gut vorstellen, welch ein Wahnsinnsakt es ist, die alten Steine vom Urwald zu befreien. Kleinste Handarbeit ist angesagt, denn Maschinen haben hier keinen Platz. Insgesamt gibt es 3000 Ruinen, die ueber eine Flaeche von 16 Quadrat-km verteilt sind.
Im Reisefuehrer steht, dass die Eintrittsgelder leider zum groessten Teil verschwinden, bevor sie fuer die Erhaltung von Tikal verwendet werden koennen. Die Menschen dort befuerchten, dass der Urwald sich alles zurueckholt, falls dieses als Weltkulturerbe anerkannte Objekt nicht mehr genuegend Unterstuetzung findet
Hier seht Ihr die riesige Ceiba, den heiligen Baum der Mayas, der wohl jeden Besucher zu einem Vergleichsfoto animiert – wer ist groesser, der Baum oder ich?
Wir sind froh, dass wir hier eine Unterkunnft in einem kleinen Hotel mit Pool gefunden haben. So koennen wir die Zeit gut nutzen und zwischendurch der Muedigkeit nachgeben, die solche anstrengende Touren bei ueber 37 Grad im Schatten mit sich bringen. Abends sitzen wir mit breiten Fuessen nach dem erfrischenden Sprung ins Wasser draussen und lauschen bei einem Glas Wein den Geraeuschen des Dschungels. Dass der Abend dank der langen Wege und jetzt des Weins sehr kurz wird, stoert gar nicht. Um 22 Uhr geht eh das Licht aus, Strom ist im Nationalpark nur morgens und abends jeweils 4 Stunden vorhanden. Aber da schlummern wir schon suess und selig.
Fuer die Rueckfahrt steht am Busbahnhof in Flores diesmal ein Bus fuer uns bereit, der uns wirklich ueberlegen laesst, ob wir mit ihm fahren wollen. Eigentlich nicht, er sieht so abgewrackt aus mit fast nur kaputten Fensterscheiben, selbst vorn beim Fahrer. Bis auf ein Loch im Dach keinerlei Moeglichkeit frische Luft zu bekommen und Sitze und Boden halten fest an dem Muell von zahlreichen Fahrten vorher. I git, aber wir wollen heute zurueck nach Fronteras und zu unserem Boot. Also steigen wir ein. Der 1. Eindruck truegt nicht, insgesamt runden 3 laengere Motorpannen unser Reiseprogramm ab, die letzte hoch in den Bergen in tiefster Finsternis.
Fuer das Warten im stickigen Bus werden wir jedes Mal belohnt, wenn wir sehen, wie strahlend der Busfahrer wieder hereinkommt und der Bus anspringt..... und alle klatschen dann und freuen sich mit. Wir muessen das nur noch etwas ueben, diese kleinen technischen Einlagen gehoeren eben zum Alltag beim Busfahren.
John, der Manager unserer Marina, wunderte sich schon, wo wir denn blieben. Bei der Abfahrt hatten wir ihn angerufen, da er uns mit dem Boot abholen wollte in Fronteras. Unser Dingi war zu Hause geblieben. Wir Segler koennen dann den Taxiservice von John in Anspruch nehmen. Niemand moechte ueber Tage das Dingi im Ort so lange unbewacht liegen lassen, wenn er verreist.
Auch wir machen gern davon Gebrauch und sind am Abend gesund und munter wieder an Bord. Ich nehme mir vor, nun endlich unsere Web-Site zu ergaenzen, diesen ausfuehrlichen Bericht zu schreiben und Wilfried sortiert die vielen vielen schoenen Fotos, die eine Auswahl so schwer machen. Die Fotogalerie zeigt das Ergebnis.
Endlich bekommen wir nach langen Tagen des Wartens – schliesslich war der gute Mann mit dem Sonnen/Regendach immer gerade auf dem Weg zu uns J))- endlich die neue Abdeckung. Das Warten hat sich gelohnt, nun sind es nur noch 25 Grad an Bord statt der vergangenen 30 – 33 Grad und wir atmen erleichtert auf. So laesst es sich gut aushalten. Prompt regnete es auch letzte Nacht und niemand musste mehr aufspringen und die Luken schliessen. Es prasselt leise auf das Sonnendach und wir schlummern beruhigt
Tschuess