Ostkueste Mexicos
Mitte bis Ende Maerz 2011
Isla Cozumel, mit 44 km Laenge und 18 km Breite die groesste Insel Mexicos, zeigt sich nicht sehr besucherfreundlich fuer Segler, die an Land wollen. Der Hafen liegt ausserhalb und gilt als exclusiv und sehr teuer. Wir Gringos fahren daran vorbei und ankern direkt vor der Kulisse von Down-Town neben dem Faehranleger fuer die Kreuzfahrtschiffe.
Die letzten Tage und Naechte unterwegs von Isla Mujeres bis Cozumel haben uns gebeutelt, der Golfstrom laesst eben keine Spazierfahrten zu die Spass machen. Ruppige See, zackige Wellen sorgen fuer reichlich Unbehagen. Koennt Ihr Euch vorstellen, wie sehr wir uns danach sehnten, an Land zu kommen und das Ankommen nach einem Rundumblick mit einem mexikanischen Essen zu feiern?
Wir gucken uns die Augen aus, kein Dingisteg, die Stege fuer die Faehren viel zu hoch, keine Moeglichkeit eines normalen Anlandens am Ufer. Die Stimmung am Nullpunkt, so hatten wir uns das gewiss nicht vorgestellt. Weitere Beobachtungen lassen uns hoffen, dass wir das Dingi mit den Wellen ans Land in den kleinen Sandstreifen spuelen koennen. Wir haben keine Lust an Bord zu bleiben und die Insel ungesehen hinter uns zu lassen.
Wir schaffen es mit der letzten Welle an Land zu kommen und ziehen das Dingi muehsam aus dem Wasser hoch, damit es nicht weggeschwemmt wird. Ein ungutes Gefuehl haben wir dabei, das letzte Stueck im Wasser ist sehr felsig und die einzige Moeglichkeit, es festzumachen, ist ein altes Fischerboetchen. Na, wenn das mal gut geht, mitten im Ort und fuer jeden sichtbar und loszumachen. Wir haben keine andere Moeglichkeit und da die letzte Welle nicht nur das Dingi, sondern auch uns erwischt hat, glitschen wir mit unseren pitschnassen Sandalen und triefenden Hosen die Promenade entlang und sitzen wenig spaeter in einem zum Glueck spaerlich beleuchteten Patio eines einheimischen Restaurants.
Nun lassen wir es uns richtig gut gehen, spanische Speisekarten lesen sich noch nicht so gut, aber egal, die Ueberraschung auf den Tellern ist immer eine gute, denn mexicanisches Essen ist rundum nach unseren Geschmack.
Ein typisches Mahl: geschnetzeltes Rindfleisch mit viel Paprikastreifen, Zwiebeln umgeben von Enchilladas mit diversen Fuellungen und Bananenblaettern, die ebenfalls gefuellt sind mit Fisch oder anderen Geheimnissen. Die gebratenen Kochbachnanaenstueckchen sind obligatorisch wie das schwarze Bohnenmus und der Reis dazu (mit oder ohne rote Bohnen) und Avocado am Stueck oder als Guacamole (Avocadopueree mit Zwiebel und Lemon). Vorher knabbern wir Nachos , getunkt in Salsas mild oder hoellisch scharf. Jedes mal ist das eine neue Ueberraschung und oft spuelen wir rasch mit Sol, dem mex. Leichtbier, die Schaerfe hinunter. Seafoodgerichte sind ecxellent in allen Restaurants, die amerikanischen Burger sind endlich out fuer uns.
An diesem ersten Abend in Cozumel sind wir doch sehr unruhig wegen des Dingis, wissen wir auch noch nicht, wie sicher diese Gegend ist. So machen wir nur einen kurzen Rundgang nach dem Essen und sind dann auch muede und fallen sofort an Bord in einen Tiefschlaf. Es schaukelt selbst am Anker hin und her, als wenn wir segeln.
Die naechste Tour ueber die Insel beginnt wieder mit einem nassen Schubs an Land und es ist sehr unangenehm, mit nassen Klamotten an Land herumzulaufen, auch wenn es warm ist. Zumal es uns auch nicht besonders gut gefaellt, was wir sehen. Der Ort ist wie kein anderer ein rein konsumorientiertes Areal, an dem wie ueblich Tausende von Cruisern sich entladen fuer ein paar Stunden. Du kannst nicht unbekuemmert durch die vollen Straesschen wandern. Mehr als aufdringlich sprechen sie dich von allen Seiten an und du sollst etwas kaufen. Koennen wir ja verstehen, aber auch unsere hoeflichen aber bestimmten „no gracias“ machen dem kein Ende. In Ruhe gucken geht sowieso nirgendwo. So genervt hat es uns bisher nirgendwo und wir verlassen recht schnell diesen Mittelpunkt von Cozumel.
Wir wandern durch die hinteren Viertel, in denen die Einheimischen wohnen und finden auch einen Supermarkt. Endlich riechen und schmecken das Obst und Gemuese wieder als solches. Die Moehren duften wie aus dem eigenen Garten. Das Jahr in Amerika war toll, keine Frage, aber die Lebensmittel dort sind alles andere als „natuerlich“.
Der Reiz fuer die vielen Touristen auf dieser Insel liegt in den modernen, exclusiven Urlaubsressorts mit meist privaten Straenden und dem grossartigen Angebot fuer alle Art von Wassersport. Hotelboote fahren ihre Gaeste dann nach Wunsch auch mal in die Stadt zum Shoppen, die dies dann auch fuer kurze Zeit geniessen und abends in ihre Ruhe ans Meer zurueckkehren.
Cozumel ist nur ein Beispiel dafuer, wie es entlang der Costa Maya zugeht. Viele, viele einzelne Hotelanlagen mit Strand und dazwischen nur Mangrovenwaelder oder staubige Alltags- Doerfer, die ein Pauschaltourist kaum zu sehen bekommt. Die Menschen haben es schwer, Arbeit zu finden und die grosse Familie zu ernaehren. So versuchen es die meisten Mexicaner im Tourismusgewerbe. Sobald ein Stein ausgegraben wird, gehoerte er natuerlich zu den Mayas und sofort steht jemand daneben mit einem Souvenirshop J)))
Cancun, die Hauptstadt von Yucatan ist so ein typisches Ergebnis einer auf Tourismus aufgebauten Stadt. Riesige Hotelanlagen sind von weitem bereits vom Meer aus zu sehen. Von Isla Mujeres aus fuhren wir mit der Faehre zu Feedex, um dort ein Paket abzuholen und freuten uns auf einen Tag in Cancun. Welche Enttaeuschung, es gibt nichts gewachsenes dort als Ortskern oder ein Flair. Ein paar kleine Laeden fuer die Einheimischen und eine elegante Einkaufsmall fuer Touris, ansonsten nur gigantische Hotelhochbauten. Fuer einen obligatorischen Jahresurlaub bieten diese Ressorts jeden nur denkbaren Luxus, sie koennten allerdings ueberall auf der Welt stehen.
Wir verlassen Cozumel auch recht schnell wieder und machen uns auf den Weg. Geplant sind naechtliche Stops am Anker und nach Wunsch auch mal ein Landgang. Letzteres koennen wir schnell vergessen, wir kommen nirgendwo an Land und das Ankern zur Nacht war aufregend genug.
An der gesamten Kueste sind Riffs vorgelagert und um zu ankern musst du den Eingang finden und dadurch fahren. Dahinter soll es dann ruhig sein, war es aber nie. Ein Wunsch war es, in einer Bucht vor der alten Ruinen-Maya-Stadt Tulum zu ankern und sie evtl. von dort aus zu besuchen. Aber undenkbar, hier hinter das Riff zu fahren. Wir schieben uns in Zeitlupe vorsichtig in die Naehe, laut unseres schlauen Buches besteht keine Gefahr. Das sehen wir aber anders. Die Brandung tobt meterhoch und wir koennen gar keinen Eingang sehen. Die Wassertiefe geht auf 1 m zurueck. Wir wagen es nicht weiter und haben ploetzlich eine lange Nacht vor uns, die wir durchfahren muessen. Bei normaler See gar kein Thema, so kaemen wir viel schneller voran, aber hier sind die Tage auf See muehsam genug und eine Nachtruhe vonnoeten.
Das wiederholt sich noch einige Abende, dass wir statt einer Muetze Schlaf eine weitere „Hoellenfahrt“ durch wogende Meere und wilde Wellen bekommen in der Nacht. Wieso koennen wir nicht wie die meisten Menschen, die daheim leben in Germany, eine Nachtruhe pflegen? Warum turnen wir stattdessen durch die Weltenmeere, fragen wir uns natuerlich des Oefteren in dieser Situation.
Nach wenigen Tagen unterwegs sind wir sicher, dass wir im Grunde per Boot Mexico kaum richtig kennenlernen koennen und akzeptieren es. Plan B wird gemacht, wir wollen so schnell wie moeglich weiter nach Guatemala und werden von dort aus spaeter nach Mexico ueber Land fahren und all die interessanten Orte besuchen, die wir geplant hatten.
Nie sahen wir am Tag oder nachts ein anderes Boot. Wir sind wohl die einzigen Menschen auf der Welt. Aber nein, irgendwann ankern wir vor einem Riff, wir muessen mal schlafen ohne aufzupassen und siehe da. Ein Segelboot, per Funk lernen wir uns kennen. Pino und Pina aus Italien und wir koennen uns gegenseitig prima austauschen und unsere Infos vergleichen. Wir suchen alle einen Ausklarierungshafen, das erweist sich als aeusserst schwierig. Laut Unterlagen ist die letzte Moeglichkeit vor Belize ein Hafen in Xcalac. Die Italiener wollen nach Belize und auch ausklarieren.
In Xcalac m u e s s e n wir also an Land, wir sind jedoch skeptisch. Entlang der Kueste trifft man hier auf das groesste Korallenatoll
- Banco Chinchorro - noerdlich des Aequators, das Tauchern und Schnorchler wunderbare Ansichten unter Wasser bietet. Von weitem schon sehen wir ein grosses Motorboot auf dem Riff liegen, das – wie wir spater erfahren - 3 Tage vor unserem Eintreffen dort auflief. Die Sonne blendete den Kapitaen und er fuhr ein wenig daneben und schon sass er fest. Nun mahnt dieses Schiff die naechsten Ankommenden, gut aufzupassen. Fuer uns war diese Einfahrt zwar spannend, aber recht gross und es ist kein Problem dadurch zu fahren, Voraussetzung ist aber ein vorausschauendes Echolot. Der Anker faellt und wir sind mehr als kaputt. Wie gern wuerden wir an einen Steg gehen und an Land ausgiebig die Beine vertreten nach so langer Zeit. Es gibt aber nur einen Steg fuer das Militaerboot, dass jeden Tag vorbeikommt und hier fruehstueckt.
Auch hier in Xcalac sind die Wellen noch extrem und wir schaukeln wie bereit seit 2 Wochen. Wir troesten uns damit, dass es ja nicht mehr lange dauert, dieses Uebel mit dem Golfstrom. Heute packen wir das Dingi nicht mehr aus. Wir wollen nur schlafen.
Seit Cozumel waren wir nicht mehr an Land und um so groesser unsere Freude am naechsten Morgen. Mit dem Dingi frisch und munter wollen wir die Lage sondieren, ausklarieren und so schnell wie moeglich den Golfstrom und damit auch leider Mexico hinter uns lassen. Es heisst, nach Belize wird das Meer wieder „normal“.
Neben dem schneeweissen Leuchtturm steht ein kleines Haeuschen fuer die Leuchtturmwaerterin und ein wunderbar ausladender schattenspendender Baum, unter dem auch die ganze Familie sitzt bzw. in Haengematten liegt und den Job geniesst. Aufpassen braucht man ja nur nachts, die Lampe muss brennen und wenn sie defekt ist, wird sie ausgewechselt. Wie oft das wohl vorkommt? Ich denke, dass diese Arbeit gut zu schaffen ist auch bei dieser bruetenden Hitze.
„Ausklarieren? No, no, nicht hier. Seit 6 Jahren nicht mehr ....“
Die Zarpe, das Papier fuer die Einreise in das naechste Land, kann ausgestellt werden. Aber nur, wenn wir vorher den Ausreisestemel in den Pass bekommen haben. Hat niemand, der vorher im Internet gelesen hat, dass wir das alles in Xcalac erledigen koennen.
Wir muessen nach Mahahual, 60 km entfernt in eine andere Stadt. Dort klarieren Kreuzfahrtschiffe ein und daher ist dort auch Zoll und Emmigraion. Morgen frueh um 5 Uhr faehrt der Bus dorthin ........ ups, das ist uns definitiv zu frueh. Im Dunkeln mit dem Dingi durch die Wellen reiten an Land reizt uns auch nicht. Unsere italienischen Nachbarn und wir wollen uns ein Taxi nehmen und gmeinsam um 9 Uhr auf den Weg machen. Ja, meinten die Leute unter dem wunderbar schattigen Baum, das geht auch. Sie vergassen nur uns mitzuteilen, dass es gar kein Taxi in diesem winzigen Ort gibt.
Aber das haben wir Segler alle schon oft erlebt und no problemo, wir fragen den ersten Fischer, dem wir morgens begegnen, ob er jemanden kennt, der wiederum jemanden weiss ...... und 2 Stunden spaeter sitzen wir bei Miguel im Auto, nachdem die Maenner in gemuetlicher Eintracht einen fairen Preis ausgehandelt haben.
60 km, eine lange Strasse und 3 weitere PKW’s, mehr war nicht. Mahahual ist auch kaum mehr als der Ort Xcalac, besteht fast nur aus einem endlos langen Sandstrand, der Urlauber anlockt mit seinem tuerkisfarbenen Karibikcharme des Meeres. Vis-a-vis kleine Souveniershops und ein Hafenbuero. Es stellt sich heraus, dass wir mit dem Schiff gar nicht hier haetten anlanden koennen, das Wasser ist zu seicht. 8 km entfernt gaebe es eine Bucht, aber von dort wiederum kommt man nicht an Land.
Der Hafenmeister jagt uns einen Schreck ein, als er uns nach der freundlichen Begruessung genau so freundlich erklaert, dass hier eigentlich kein Zoll und keine Emmigration ist, nur Hafenbuero. Bevor wir jedoch unser Entsetzen ausdruecken koennen, lacht er und beruhigt uns, morgen kommen die Herren dieser Behoerden zu ihm weil an dem fernen Steg ein Kreuzfahrtschiff ankommt. Er macht unsere Unterlagen fertig fuer uns und gibt dann die Kopien an die Kollegen weiter. So einfach geht es dann doch. Erleichtert atmen wir auf. 2 Stunden dauert es dann noch, weil er sehr genau und gruendlich alle Passagen der Papiere erlaeutert und sichtlich Freude daran hat.
Wie oft wir nun schon ein- und ausklariert haben, jedes Mal erleben wir es anders und nie haben wir Einfluss darauf.
Pina und ich gehen derweil am Strand spazieren und kaufen im kleinen Mini-Market ein. Dona Dolores macht uns bekannt mit einer uns unbekannten Frucht „Meme“, sie schmeckt wie eine Mischung aus Moehre und Kuerbis mit einem dicken Kern, der auf die Haut gelegt, noch schoener macht. Das kann ja nicht schaden ..... wir kaufen reichlich.
Der freundliche Hafenmeister schreibt uns noch eine Adresse auf, dort muessen wir unbedingt essen gehen. Inzwischen ist es fast 2 Uhr mittags und Hunger und Durst plagen uns. Die Italiener und wir laden unseren Fahrer Miguel ein und es wird eine froehliche Runde in englisch, spanisch und italienisch. Es ist wie immer in solcher multi-kulti-Mischung, man versteht sich irgendwie und die Fischgerichte sind tatsaechlich koestlich.
Am naechsten Tag schlendern wir noch einmal durch Xcalac und bereiten uns dann fuer die Abfahrt vor. Die naechste Etappe fuehrt direkt bis Guatemala. Von der Atlantikkueste her ist der erste Anlaufpunkt die Stadt Livingston, eine Stadt, die nur vom Wasser aus zu erreichen ist. Dort klarieren wir ein und fahren den Rio Dulce entlang bis Fronteras. Die Monkeybay-Marina wird fuer die naechsten Monate unser Zuhause sein.