1. Maerz 2010
Wir sind in AMERIKA! Rueckblickend war es ein langer Weg, das wird uns jetzt erst so richtig bewusst. Wer haette das vor zwei Jahren gedacht, dass wir das schaffen.
Ueber eine Woche verhindern zu kurze Wetterfenster und Kaltfronten unseren Abschied von Havanna. Bis April sei diese Wetterlage normal sagen uns die Kubaner und wir wollen doch nun endlich raus aus dem uniformierten System. Dann muss es mit wenig Spielraum geplant werden, der Montag nach einem Unwetterwochenende bietet sich an, aber er reicht nicht aus fuer die 94 sm, die durch schlechte Windrichtungen und entsprechendes Kreuzen schnell auf 150 sm ansteigen werden. So rechnen wir uns aus, wenn es samstags noch tobt, werden sich die Wellen am Sonntag beruhigen und wir koennten es ab nachmittags versuchen. Beschlossen und verkuendet, sonst kommen wir nie hier weg. Hoffentlich geraten wir nicht in die Dienstagsfront mit den angekuendigten 33 kn, was nicht gefaehrlich ist, aber hoechst unangenehm fuer die Gedaerme.
Nun steht noch das sozialistische Scharfgericht des Ausklarierens an. Wie befuerchtet wieder edloser Papierkram, gruendliches Gucken in die Schraenke – seltsam wieder, dass in kleinste Schubladen gespingst wird, waehrend die grossen Kisten und Hohlraeume, in denen dann tatsaechlich abtruennige Eingeborene zusammengefaltet versteckt liegen koennten, gar nicht beachtet werden.
Jedenfalls noch vor dem Dunkelwerden liegt die Hafenausfahrt hinter uns und das Meer hat uns wieder. Der Wind ist o.k., nicht zuviel, aber immer aus der falschen Richtung und es werden eben die o.a. 150 Seemeilen und statt im Hellen faellt der Anker erst spaetabends in der Bucht von Key West. Kein Problem, die Lichter weiterer Ankerlieger weisen den Weg und es ist Platz genug.
Per Funk melden wir im Hafen unsere Ankunft. Zuvor waehrend der letzten Nacht auf dem Meer hatte uns die American Coast-Gard bereits angefunkt und alle Daten von uns notiert. Sie wollten es weitergeben an die Marina und machten darauf aufmerksam, dass nur der Kaept`n zum Einklarieren an Land darf, die Crew muesse auf dem Boot bleiben, bis alle Formalitaeten erledigt seien.
Ein weiteres `welcome in Amerika` kommt ueber die Funke von Heidi und Klaus von der SY Soleil, die bereits eine Woche vor uns ein offenes Wetterfenster genutzt hatten, um Havanna zu verlassen. Sie ankern ganz in der Naehe. Wie immer muede von der Fahrt rufen die Kissen und wir versuchen zu schlafen. Seit Mitternacht stuermt es und die Wellen schaukeln uns durch. Wie gut, dass wir rechtzeitig ankamen.
Morgens frueh muss dann der ` Held` ueber das tobende Meer zum Einklarieren an Land. Ausgerechnet hier bedeutet das einen langen Weg mit dem Dingi. Eine grossartige akrobatische Leistung von Wilfried war es bereits, das Dingi vom Deck ins Wasser zu bekommen und vor allem auf den Wellen huepfend den Aussenborder hinuntergleiten zu lassen und zu befestigen. Danach war ein Kleiderwechsel faellig, voellig durchnaesst von Kopf bis Fuss. So wollen die Beamten ihn aber nicht begruessen und sie koennten das als Respektlosigkeit ansehen, wenn der Kaept`n wie ein Schiffsbruechiger aussehend dort erscheint.
Die Papiere gut in Plastik verstaut huepft er mit dem Gummiboot von Welle zu Welle bei 28 kn Wind in Richtung Hafen und ich schaue besorgt hinterher. Ob das mal gut geht?
Nicht weit von uns liegt ein Wrack und mein Gedanke die ganze Zeit, hoffentlich haelt der Anker.
Zwei Stunden spaeter kommt ein frustrierter Kaept`n wieder mit der Nachricht, hier ist nichts anders als auf Kuba, nur die Nationalitaet. „aus Kuba kommend?“ oh, was wir uns dabei denken, in so einem Land macht man kein Urlaub usw. ....“ wir Europaeer denken wohl, es gehe uns alles nichts an .... Jedenfalls musste er sich doch tatsaechlich belehren lassen, dass es uns wohl etwas angehe, was zwischen Amerika und Kuba ist nicht so harmonisch ist seit Jahrzehnten und der Zollbeamte kann sich gar nicht beruhigen. Alle Lebensmittel, die wir noch haben von Kuba, muessen sofort von Bord und ihnen gebracht werden zur Vernichtung. Aber da kann Wilfried sie davon ueberzeugen, dass es gar nix zu kaufen dort gaebe und unser Kuehlschrank leer sei. Um es glaubhafter zu machen, gab er wenigstens eine halbe Flasche Rum an, die noch an Bord sei. O weiha, die will er haben und wieso ich nicht zum Einklarieren mitgekommen sei?
.Bevor der Kaept’n den Rum und mich holen kam, werden wieder einige Papierchen ausgefuellt. Nicht nur die ueblichen, wie bei einer Umfrage wollen sie alles genau aufgeschrieben haben, was wir in Kuba kaufen konnten und zu welchen Preisen, wie die Fortbewegung funktioniert mit Bussen, Theater-Kinoprogramme usw., ein richtiges Ausfragen ueber die Interna. Was sollen wir davon halten? Und immer gute Miene zum boesen Spiel, schliesslich wollen wir Amerika besuchen. Es ist taktisch klueger unsere Meinung zu diesem Spielchen nicht zu deutlich auszusprechen, man kann uns die Einreise auch verweigern.
Ob er denn nicht spaeter mit Rum und Crew vorssprechen koenne, wenn der Wind nachlaesst?. Mit dem Dingi sei die Fahrt sehr ungemuetlich jetzt? Nein, das geht nicht und so nutzt mein Protest nix, auch ich muss durch das tobende Meer in unserer Nussschale mit an Land und Senta ist nun ganz alleine am Anker. Das gefaellt uns gar nicht. Ob sie auf uns wartet?
Der Rum ist noch von Jamaika berichtigte ich den Chef, aber einmal angekuendigt, konnten wir ihn nicht zu Hause lassen, das haetten sie uns nun nicht mehr geglaubt. Der Aufkleber beweist die Herkunft und so durften wir ihn behalten.
Zwei Segelboote aus Havanna kamen gleichzeitig vor einer Woche am Tage an und wurden an den Steg zitiert. Dort wurde der Inhalt der Kuehlschraenke und Spirituosen, die nicht gut versteckt waren, konfisziert. und vernichtet, ersatzlos. Gut dass wir im Dunkeln ankamen und bereits am Anker lagen, so ist uns das erpart geblieben.
Nun sind wir ordnungsgemaess Gaeste im Land und endlich entspannt sich der Beamte auch und wird wieder normal. Die Handhabung des Crusing Permit ist in Amerika unkompliziert. Wenn wir einen Hafen oder eine Bucht anlaufen, geben wir per Funk unsere Permit-Nr. an und das genuegt. Keine langen Behoerdengaenge mehr, es geht alles telefonisch. Eine gute Nachricht und endlich werden wir mit guten Wuenschen fuer unseren Amerikabesuch entlassen.
Wenig Schlaf, viel Aufregung .... bevor wir uns wieder Wind und Wellen ueberlassen, kaufen wir rasch noch ein paar Lebensmittel ein. Endlich wieder frisches Obst und Gemuese. Wir koennten die Theke leerkaufen vor Freude und so ist unser erstes Essen in Amerika Rosenkohl, Kartoffelpueree mit Frikadellen. Ein Festschmaus und welch ein Genuss und morgen frueh gibt es Chiabatta mit Schweizer Kaese. Ihr koennt Euch nicht vorstellen, wie gross die Freude ueber sonst selbstverstaendliche Dinge nun ist. In den Supermarkt gehen und einkaufen, was wir wollen, hat fuer uns eine neue Bedeutung bekommen.
Zwei Tage lang beruhigt sich das Wetter noch nicht und wir bleiben an Bord. So fallen uns vor allem die taeglich an- und abfahrenden Kreuzfahrtriesen auf, an manchen Tagen bis zu dreien gleichzeitig. Eine Menge Leute stuermen in den Ort und bei unserem ersten Gang durch das Staedtchen sind sie nicht zu uebersehen. Vom Schiff geradewegs in die Souvenirmeile entlassen sammeln sich diese Urlauber vor allem in der Naehe des Hafens. Dort sind diverse Ausfluege oder Tauch- und Schnorchelexkursionen vorbereitet und man wartet mit grossem Programm auf. Bei Sonnenuntergang stroemen alle zum Abendessen zurueck und kurz darauf qualmt der Schornstein, es tutet zum Abschied und der Cruiser visiert das naechste Ziel an.
Der Ort ist klein und gleicht einem Bilderbuchstaedtchen. Abseits der beliebten Hauptflaniermeile gibt es jede Menge sehenswerter alter Villen Viele dienen als Hotel oder Pension. Andere wiederum wurden als kleines Museum gestaltet unter einem bestimmten Motto.
So auch das weisse Prachtexemplar siehe oben.. Ein Kaufmann und Millionaer namens Curry baute es Anfang des 19. Jahrhunderts fuer sich und seine Familie und hatte immer ein offenes Haus fuer Gaeste, vor allem in seiner Zeit als Buergermeister. Es ist bis heute im Familienbesitz geblieben und wurde von der jeweils naechsten Generation bewohnt Die Moebel, Kleidung, Buecher, Spielzeuge, Fotos und selbst der Weihnachtsschmuck und persoenliche Dinge der Familie von damals bis in die Moderne sind zum Bewundern freigegeben.
Alles, was eine Grossfamilie in 100 Jahren ansammeln kann durch alle Jahrzehnte hindurch, liegt da bereit, als wenn die Leute mal eben zum Einkaufen unterwegs waeren. Die jetzigen Nachfahren wohnen gegenueber und leiten eine Pension. Zu besonderen Gelegenheiten vermieten sie auch einige Raeume der Villa z. B. an Hochzeitsreisende.
Nicht selten bietet ein Makler eines der Haeuser zum Verkauf an, 999 999 US-Dollar war das Guenstigste, das wir sahen. Aber nicht doch, wir haben ja unser Boot.
Little White House ist erwaehnenswert, 1890 als Stammsitz fuer Navi-Offiziere bestimmt wurde es spaeter von den jeweiligen amtierenden Praesidenten Taft, Truman. Eisenhower, Kennedy, Carter und Clinton als Sommerresidenz genutzt.. In der Sonne Floridas luden sie ein zu rauschenden Empfaengen und Politiker aus aller Welt trafen sich hier zu Konferenzen
Old Town kennst du nach einem Tag, aber es sind ganz nette Spaziergaenge, um sich die Beine zu vertreten und mal weg vom Boot zu sein. Internetcafes gibt es einige, sehr gemuetlich eingerichtet und mit einem leckeren Angebot an Kaffee/Tee und Kuchen in Wohnzimmeratmosphaere. Immer wieder kehren unsere Gedanken an Kuba zurueck, weil wir unwillkuerlich vergleichen. Ja, wir empfinden diesen Uebergang von Kuba nach Amerika mehr als krass und sind noch gar nicht richtig angekommen.
Es ist ein angenehmes Ambiente und die Leichtigkeit und Lockerheit der Menschen begruessen wir sehr – hier leben vor allem Ex-Kubaner und Amerikaner. Viele Aussteiger und Kuenstler versuchen hier ihr Glueck. Nicht nur die Kreuzfahrer tragen zu guten Geschaeften bei, Key West ist Anziehungspunkt fuer zahlreiche Floridianer vor allem am Wochenende. Dann ist hier die Partymeile schlechthin. Wer den Rummel mag und viele Dollars loswerden moechte, der ist hier gut bedient.
Die Ankerfelder liegen weit genug weg, anders als in der Karibik hoeren wir die Musik kaum. Wir warten auf gutes Segelwetter, um den letzten Schlag bis Miami zu machen. Die vielen kleinen aufgeschobenen Reparaturen sind faellig und Wilfried will Deck und Cockpit noch einmal neu anstreichen. Die Farbe von Trinidad hat nicht richtig abgebunden und der Rost tanzte schon wieder in allen Ecken.. Mehr als zwei Wochen sind wir bereits hier, stellen wir heute erstaunt fest. Es wird Zeit fuer die naechste Tour, morgen frueh wollen wir bis Marathon segeln und wenn das Wetter es zulaesst bis Miami.