30. Juli 2009
Wollen wir auch mal vom Wetter reden? Es ist Regenzeit, Hurricansaison, aber bisher ist noch keiner dieser Hurricans aktiv geworden im Atlantik. Kommt noch .... sieben werden erwartet in diesem Jahr. Hier in Chaguaramas sind wir sicher davor, dennoch lesen oder hören wir täglich Nachrichten und Wetterkarte, das gehört zum Segleralltag.
Es schüttet „young dogs“ .... so beschreiben es die Trinis. Immer wieder große dunkle Wolken am sonst fast blauen Himmel und wenn sie über die Berge kommen und sich öffnen .... o je. Fast täglich ein paar Stunden, manchmal auch 2 Tage Pause. Heute ist mal wieder n u r Regen. Das haben wir wohl ausgelöst, so haben wir reichlich Gelegenheit zu überprüfen, ob alle heimlichen Quellen für Regenrinnsale im Schiff beseitigt sind. Im Moment ist alles dicht und auch Kondenswasser hat es nun schwer sich zu bilden. Der Käpt´n war furchtbar fleißig und bemüht, alle Ärgernisse in Bezug darauf für immer zu beseitigen. Wie es aussieht mit Erfolg. Wenn es jetzt nicht reinregnet bei der aktuellen Regenlage, dann nie mehr. Alle Planen über dem Boot sind ausgefahren und wir träumen von weißem Sand mit Palmen und einem Meer, das zum Schwimmen einlädt.
Tut es hier noch nicht. Wie bereits in Brasilien schwimmen Müll und Öl auf dem Wasser, allerdings im Gegensatz zu den Flüssen geruchlos. Müllentsorgung ist in Südamerika und auch in der Karibik nicht das Thema, das die Gemüter erhitzt. Die wirtschaftliche Lage erlaubt es diesen Gebieten noch nicht, umfangreich in Umweltschutz und Recycling zu investieren, wie das die reichen Länder Europas z.B. praktizieren. Arbeitslosigkeit und Abwanderung der jungen Menschen möchte verringert werden und der Tourismus ausgeweitet. Inzwischen gibt es zwar auch das Pfandsystem für Flaschen und Dosen, aber Plastik- und Hausmüll finden sich überall wieder draußen an den Straßen und im Meer. So wird viel davon auch hier in der Bucht von Chaguaramas angeschwemmt und niemand möchte darin schwimmen. Es ist so wie überall in der Welt, das Bewußtsein für die Folgen der so simplen Müllentsorgung muß geweckt sein in den Köpfen der Menschen, erst dann kann sich etwas verändern. Und wie kann man großflächig über Müll nachdenken, wenn noch nicht klar ist, wie man die Familie ernähren kann oder eine dauerhafte Arbeit bekommt die genau das absichern würde.
Auf dem Gebiet der Werften und Betriebe ist es ausgesprochen sauber und gepflegt samt Ungezieferbekämpfung, ansonsten könnten wir gar nicht so entspannt auf unserem Boot wohnen.
Wir liegen inzwischen mit der Senta am Steg und die restlichen Arbeiten am Boot können gut von hier aus getätigt werden.
Darauf fällt unser Blick, wenn wir faul im Heck sitzen und weitere Pläne schmieden.
Unterwasserschiff ist sauber, Antifouling erneuert und auch der Rumpf strahlt in einem neuen Blau. Das Ruder ist gerichtet und wieder leicht zu handhaben, die Vorratskoje bekam 4 neue Wände aus Holz und die Wasserpumpe wird zum 3. Mal in die Mangel genommen. Endlich funktioniert sie wieder perfekt und wie gewünscht. Meine „Stoffkiste“ ist auch neu verkleidet und isoliert.
Zwei Wochen waren wir aus dem Wasser und wir wollten eigentlich nicht jammern ...(auch nicht miauen lieber Matt:-) ). Dennoch, es war sehr anstrengend und unwirtlich. Die Sonne zwischen den Regengüssen brannte unerbittlich und kein Lüftchen bewegte sich an Land zwischen den Schiffsreihen. Schwüle feuchte Luft, Mückenplage und entsprechende Merkmale am Körper sind zahlreich. Trotz Mückenfenster und Spray waren die Tierchen nicht zu bändigen und wer die Tropen kennt weiß, wie langwierig hier Mückenstiche sind. Nur nicht kratzen, dann hast du im Nu eine richtige Wunde, die kaum heilen will. Sie warten nicht einmal, bis dunkel wird. Am hellichten Tage greifen sie an ohne Bedenken. Den besonders guten Tropfen gönnen sie sich jedoch nachts, wenn du wehrlos in den Federn liegst und du ganz konzentrierst daliegst und schon wieder auf das nächste „ssssssst“ der fliegenden Blutsauger wartest. Morgens siehst du dann, daß du doch nicht alle gehört und erschlagen hast.
Das Gute an dieser mißlichen Lage ist dann, es geht schnell voran mit der Arbeit. Bloß fertigwerden und wieder ab ins Wasser ....
Zu unserer Freude wurden auch die Arbeiten, die vergeben worden sind, zuverlässig und sofort erledigt. Alles an Material was „Mann“ so braucht, war schnell erstanden oder bestellt in gut erreichbarer Nähe. Raoul und Phillip, die fleißigen Helfer gingen gern mit wenn es galt eine weitere Quelle für Farbe, Holz oder Schrauben zu finden. Das ersparte viel Rennerei in der brütenden Hitze. Wenn wir die Augen aufmachen morgens, pfeifen und singen sie längst draußen bei der Arbeit. Obwohl Wilfried den Wecker auf 8 Uhr gestellt hat. Sie sind doch eben klüger als wir, sie nutzen die Morgenkühle optimal.
Nach 10 Tagen war eigentlich alles erledigt, wofür wir unbedingt an Land sein mußten. Wie der Zufall es will wurde aber die Box, in die ein Schiff zum Transport einläuft, vollkommen abgerissen und neu gebaut. O wie schön, verstehen wir doch. Denn "es soll doch nix passieren, weil die Seitenteile bereits durchgerostet waren in der Box“ - Originalton von Power Boats. So waren wir vorher fertig und warteten noch ein paar Tage auf die neue Anlage und überzeugten uns abends vom Fortschritt der Arbeiten. Tags und bis spät in die Nacht hinein wurde im Affentempo geschuftet. Dennoch mußten wir geduldig sein und abwarten und weiterhin braten und schwitzen in unserem Hochstand.
Endlich kann der Travellift uns wieder abholen und ins Wasser bringen.
Inzwischen hatten wir uns einen Stegplatz bei Powerboats ausgesucht. Für die restlichen Basteleien braucht der Käpt´n Landstrom und auch aus Beweglichkeitsgründen wollten wir nicht sofort an den Anker zurück. Auf dem Gelände ist eine kleine Holzhütte als Werkstatt ausgerüstet worden und jeder darf sie kostenlos benutzen. Das ist ungeheuer praktisch auch für frischgestrichene Bretter, die somit nicht „im Regen stehen müssen“ zum Trocknen.
Das Gelände wird 24 Stunden durch Security bewacht. In den vergangenen Jahren zählte Trinidad zu den sehr unsicheren Gegenden in Bezug auf Diebstahl und Überfall. Segler berichten untereinander und auch im TO-Heft mehrten sich die Darstellungen und Leserbriefe. Nachdem das Jahr 2006 nun besonders einträglich für böse Buben gewesen sein muß, begann es für die Behörden und Firmen bedenklich zu werden. Der Tourismus und natürlich in Chaguaramas der nautische Tourismus mit all seinen Aufträgen und den Möglichkeiten der Arbeitsvergabe ist eine wichtige Einnahmequelle und so wurde zusammen ein Art Sicherheitsprogramm angegangen.
Seitdem sind die Straftaten rapide zurückgegangen. Zumindest auf dem Gelände der Werft kannst du dich sicher fühlen. Natürlich ist eine gewisse Wachsamkeit und Eigenverantwortung immer angebracht. Nichts herumliegen lassen und abschließen ist normal. Begehrlichkeiten gar nicht erst wecken ist selbstverständlich. Aber das ist überregional und gewissen Vorsichtsmaßnahmen gelten immer und überall. Im Vorfeld hatten wir soviel von den Mißständen gelesen und sind jetzt angenehm überrascht und erfreut, daß wir uns hier so sicher und wohl fühlen.
Etwas schwieriger als wir dachten ist die Verständigung. Nicht nur wir sind erstaunt über das Englisch der Trinis. Wie soll man das beschreiben? Als wenn sie die Worte bevor sie ausgesprochen den Mund verlassen könnten schnell runterschlucken. Selbst die versiertesten jahrelang englischsprechenden Leute schaffen es nicht, die Trinis wirklich zu verstehen. Das gesprochene Wort kommt nicht bei dir an und so kann dein Hirn es nicht umsetzten und verstehen.
Viele Mißverständnisse und Ärgernisse entstehen dadurch, nicht nur von Mensch zu Mensch. Es gibt Firmen, die ihre Mitarbeiter in Sprachkurse schicken um dort geschult zu werden. Es stellt tatsächlich ein großes Problem da. Verkaufsgespräche enden hier sehr oft erfolglos, weil der Käufer entnervt aufgibt. Wilfried hatte damit nicht gerechnet und sagte nur fassungslos zu mir: “ Du, ich kann gar kein Englisch mehr ....“! Bis wir merkten, daß niemand mehr die englische Sprache beherrschte, jedenfalls nicht die der Trinis. Übrigens ist Trini nicht eine respektlose Bezeichnung für die hiesigen Einwohner. Das ist eine übliche offizielle Bezeichnung dafür und sie benutzen sie auch selbst. Klar, sonst würd ich sie auch so nicht nennen.
Senta liegt mit dem Heck am Steg und somit ist die Bugleine an einem Pfahl angebracht. Der wird bewacht.... wieder einmal vom Pelikan. Er sitzt den ganzen Tag dort und fliegt nur ab und zu mal ne Runde, wenn die Motorboote zu laut vorbeidüsen. Da er ja nun zur Familie gehört mit seiner ständigen Anwesenheit, haben wir ihm einen Namen gegeben. Paule – und der Vollständigkeit halber „Paule vom Pfahl“. Wir haben ja auch Vor- und Nachname und ihn haben wir somit gleich geadelt. Er thront aber auch sehr elegant dort und geht nicht mal weg, wenn wir fotografieren.
Nun wird die neue Windmühle aufgebaut und bekommt einen Platz und die letzte große Chaos-Aktion wird der Einbau des neuen Herdes. Endlich mit richtigem Backofen. Na dann gibt es aber leckeres Brot und Kuchen....
Bis das Holz kommt, das für den Einbau gebraucht wird, wird es aber nicht langweilig. An manchen Tagen fahren wir mit dem Maxitaxi zur Shoppingmall. Auch hier in Trinidad ist das Bussystem ein gutes und einfaches. Du stehst an der Straße und innerhalb kürzester Zeit kommt das Maxitaxi vorbei und nimmt dich mit. Jede Fahrt kostet 5 TTD – geteilt durch 8 in Euro – egal, wo du hinfährst. VW-Busgröße mit Klimaanlage und sie halten genau an dem Fleck, wo du aussteigen möchtest.
Innen sind sie wohnlich im Stil des Fahrers ausgerüstet. Bibelsprüche in verzierten Buchstaben geschrieben und mit Blumen und Symbolen bemalt finden sich in dem einen Taxi, Poster mit hübschen Mädels in minimaler Bekleidung (ja, ja die Hitze) in dem nächsten. Allen gemeinsam ist aber der Sound. Meist Reggae und viel zu laut für unsere Ohren. Die Trinis brauchen das und wippen mit den Füßen und singen auch mit. „es soll nicht mit dem Fahrer gesprochen werden“ fällt mir da aus Deutschland ein. Gilt hier nicht, aber wär eh nicht möglich :-)))
bei dem Geräuschpegel. Für unsere Ohren ist es zwar ungewohnt, aber stört gar nicht. Sich hier unters Volk zu mischen ist so relaxt sei es einkaufen, bestellen oder auch nur gucken und rumbummeln. Niemand hat es eilig und nirgendwo wird gedrängt. Hektik ist hier ein Fremdwort und du hast auch als Deutscher keine Chance, so etwas anzubringen. Es findet hier keinen Nährboden :-))
Auch wir ertappen uns immer öfter bei dem Gedanken, „ och – nicht heute ...., verschieben wir es auf morgen“.. Ich glaube, erst wenn wir gar nicht mehr merken, daß es irgendwo relaxter zugeht, sind wir angekommen? Wir sind ja lernfähig und insbesondere, wenn es darum geht, unsere gewohnten preußischen Eigenschaften zu verdünnen und irgendwann aufzulösen. Sie bringen uns aber oft zum Lachen, wenn sie sich mal wieder bei unpassender Gelegenheit behaupten wollen.
Wenigstens merken wir es immer schneller!
Soviel zur aktuellen Lage an Bord.
Fazit: alles o.k., gesund und munter und das nächste Ziel von hier aus wird Tobago sein.
Wir hören und lesen von traumhaften Badestränden dort, endlich Karibik?
Vorher wird sicher noch der eine oder andere Trinidad-Bericht hier auftauchen, denn den Rest der Arbeiten erledigen wir natürlich ganz relaxt..... und dann gehen wir auf Erkundungstour über die Insel.